Unerbetene Telefonanrufe zu Marktforschungszwecken rechtswidrig

Das Interesse des Angerufenen, ein Eindringen in seine Privatsphäre zu verhindern, überwiege gegenüber den Interessen eines Marktforschungsunternehmens, stellte das Landgericht Hamburg fest.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 430 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Sabine Seibert

Telefonische Werbung zum Absatz von Waren und Dienstleistungen ohne vorherige Einwilligung des Angerufenen wird seit Jahren von den Gerichten als rechtswidrig eingestuft. Diese Rechtsprechung ist durch die 2004 eingeführte ausdrückliche Regelung des Paragrafen 7 Abs. 2 im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sogar gesetzlich bestätigt worden. Nun hat das Landgericht Hamburg diesen Grundsatz auf Umfragen zur Marktforschung ausgedehnt.

In seinem am 30. Juni 2006 verkündeten Berufungsurteil (Az. 309 S 276/05) hat das Landgericht dem Kläger einen Unterlassungsanspruch gegen unerbetene Telefonanrufe zu Marktforschungszwecken gewährt. Das Interesse des Angerufenen, ein Eindringen in seine Privatsphäre zu verhindern, überwiege gegenüber den Interessen des Marktforschungsunternehmens.

Ein Marktforschungsunternehmen hatte den Kläger zweimal unaufgefordert angerufen und um die Teilnahme an einer Marktforschungsumfrage gebeten. Mittels eines Fragebogens sollten Verbrauchergewohnheiten im Zusammenhang mit dem Produkt des Auftraggebers abgefragt werden. Der Kläger mahnte zunächst das Marktforschungsunternehmen erfolglos außergerichtlich ab. Auch das Amtsgericht Hamburg sah in erster Instanz in den Anrufen kein rechtswidriges Verhalten von Seiten des Unternehmens.

Nach Ansicht des Landgerichts Hamburg stellen derartige Telefonanrufe jedoch einen schweren Eingriff in die geschützte Privatsphäre des Angerufenen dar und verletzen damit das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Insbesondere der Umstand, dass Umfragen im Auftrag anderer Unternehmen durchgeführt werden und mittelbar der Absatzförderung dienen, rechtfertigen eine Gleichsetzung mit telefonischer Werbung. Hieran ändere auch der Forschungszweck der Umfrage nichts, denn das Marktforschungsunternehmen könne sich nicht auf die grundgesetzlich gewährleistete Forschungsfreiheit nach Artikel 5 Abs. 3 des Grundgesetzes berufen, da es vorrangig unternehmerisch tätig sei. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob die angewandten Verfahren wissenschaftlichen Kriterien genügen, da es nicht auf die Methodik, sondern auf den Zweck einer durchgeführten Umfrage ankomme.

Ein Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des Marktforschungsunternehmens nach Artikel 12 Grundgesetz wurde ebenfalls verneint. Zur Begründung führte das Landgericht hierzu aus, dass Marktforschungsinstituten auch andere Möglichkeiten zur Verfügung stünden, aussagekräftige Daten im Rahmen ihrer Tätigkeit zu erlangen. (Sabine Seibert) / (hob)