Online-Durchsuchungen: Polizei nein, Verfassungsschutz ja
Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen sieht in heimlichen Online-Durchsuchungen ein Ausnahme-Instrument für den Verfassungsschutz zur Terrorbekämpfung.
Der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Ingo Wolf (FDP), lehnt heimliche Online-Durchsuchungen von privaten Computern durch Polizei und Staatsanwaltschaft ab. "Nach derzeitigem Stand sehen wir keine Notwendigkeit", sagte Wolf dem Nachrichtenmagazin Focus. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte solche verdeckten Ermittlungen in Computern als "unerlässlich" bezeichnet. Wolf forderte die Bundesregierung auf, überzeugende Gründe für eine Änderung der Strafprozessordnung vorzulegen: "Die Beweislast liegt bei Herrn Schäuble."
Seinem Verfassungsschutz hat Nordrhein-Westfalen dagegen als bisher einziges Bundesland ausdrücklich per Gesetz Online-Durchsuchungen erlaubt. Terroristen hätten sich "über das Internet verständigt und dort ihre Bau-Anleitungen für Bomben abgelegt". Als "Ausnahme-Instrument" müsse dem Verfassungsschutz daher auch die heimliche PC-Suche erlaubt sein, so Wolf.
Politiker von Union und SPD forderten im Focus eine gesetzliche Regelung für den Bundesverfassungsschutz. "Der Staat darf sich nicht dümmer stellen als er ist", sagte der CDU-Rechtsexperte Jürgen Gehb. "Aber jeder Eingriff bedarf einer gesetzlichen Ermächtigung." Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz hält Online-Durchsuchungen durch den Verfassungsschutz ebenfalls für erforderlich, aber: "Haben wir ausreichende gesetzliche Grundlagen? Meine Antwort ist nein."
Siehe zu dem Thema auch:
- Datenschützer warnt vor schrankenloser Ausforschung durch Online-Durchsuchung
- Verfassungsbeschwerde gegen Online-Durchsuchungen in NRW eingelegt
- Mehrheit der Bundesbürger für Kompromiss bei Online-Durchsuchungen
- Schäuble: Trojaner sollen auch private Tagebücher durchsuchen
- Zypries warnt vor Schnellschüssen zur Ermöglichung von Online-Durchsuchungen
- Verfolgerwahn, Wie Online-Nutzer die Kontrolle über ihre Daten zurückgewinnen können, c't 24/06, S. 202
- Im Visier der Strafverfolger, Staatlicher Zugriff auf Anonymisierungsserver, c't 24/06, S. 208
- Globale Rasterfahndung, Privatfirma sammelt und verkauft Daten, c't 24/06, S. 202
- Big Brother 2.0, Der Bürger im Fadenkreuz der Terrorismusbekämpfung, c't 24/06, S. 202
(dpa) /