Phishing: Reduzierte Strafe gegen Finanzagenten

Phisher setzen zur Geldwäsche Finanzagenten als Zwischenstation ein. Die Berufungsinstanz in einem Verfahren gegen solch eine Finanzagenten reduzierte die ursprüngliche Strafe deutlich und nahm einen nur minderschweren Fall der Geldwäsche an.

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Von
  • Dr. Marc Störing

Im vielbeachteten Verfahren gegen einen deutschen Finanzagenten liegt nun das Urteil der Berufungsinstanz vor (LG Darmstadt, Urteil vom 30. 6. 2006, Az. 360 Js 33848/05 – 212 Ls 7 Ns). Den 63-jährigen ehemaligen Ingenieur hatte in erster Instanz das Amtsgericht (AG) Darmstadt der gewerbsmäßigen Geldwäsche (§ 261 Abs. 4 StGB) schuldig gesprochen. Nachdem das Gericht deshalb den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten auf Bewährung verurteilt hatte, reduzierte die Berufungsinstanz nun die Strafe deutlich und nahm einen nur minderschweren Fall der Geldwäsche an.

Phishing, das "Abfischen" vertraulicher Daten wie etwa Bankzugangsdaten, Kreditkartennummern, eBay-Accounts und Ähnlichem, hat sich längst von einer irrlichternden Randerscheinung des Online-Bankings zum handfesten wirtschaftlichen Problem entwickelt. Inzwischen rücken auch verstärkt die für die Geldwäsche eingespannten Gehilfen der Täter ins Visier der Ermittler. Denn die eigentlichen Phisher sitzen meist im Ausland und sind schon deshalb schwierig zu ermitteln.

Die hingegen meist im heimischen Raum angeworbenen Finanzagenten dienen als Zwischenstation der Geldwäsche. Dazu überweisen Phisher mit den ergaunerten Daten das Geld zunächst auf das Konto eines solchen Finanzagenten. Der darf einen Anteil des Geldes behalten, überweist aber ansonsten in aller Regel das Geld an eine Filiale von Western Union zur Barauszahlung. Ohne Ausweisdokumente ist es dort dem eigentlichen Täter möglich, sich anonym und bar die Beträge auszahlen zu lassen. Während der Phisher so praktisch nicht mehr zu ermitteln ist, haben die Strafverfolger beim Aufspüren des Finanzagenten leichtes Spiel, denn als Zahlungsempfänger der unerwünschten Überweisung ist er mit Namen und Kontodaten offenkundig.

Doch besondere Schwierigkeit bereitete im ersten Verfahren dazu die Frage des Vorsatzes. Denn der Angeklagte bestritt vor dem AG Darmstadt, den Charakter seiner Tätigkeit durchschaut zu haben. Das ließ das Gericht jedoch nicht gelten und nahm den erforderlichen Vorsatz an. Die erste Instanz in dem Verfahren stellte dabei unter anderem auf die "Globalisierung" und die "Allgemeinbildung im Rahmen der Intelligenz" des Täters ab. Das damit zu einer recht hohen Strafe führende Urteil löste Befremden unter Experten aus: Als "äußerst knapp begründet, sodass Beweiswürdigung und Rechtsanwendung kaum nachprüfbar sind", kritisierte die Arbeitsgruppe Identitätsschutz im Internet das frühere Urteil.

Das Landgericht (LG) Darmstadt reduzierte nun in der Berufung deutlich die Strafe auf 50 Tagessätze. In der heise online vorliegenden schriftlichen Urteilsbegründung der Berufungsinstanz setzen sich die Richter der Strafkammer jetzt detaillierter mit den Fragen des Vorsatzes auseinander. Zwar seien die Einlassungen des Täters, die Hintergründe nicht durchschaut zu haben, "wenig glaubhaft". Jedoch billigte das Gericht dem Täter zu, jedenfalls zunächst nicht gewusst zu haben, aus welchen illegalen Vortaten die Gelder stammten – das sei aber Voraussetzung für die Verwirklichung einer Geldwäsche nach § 261 StGB. Erst als im weiteren Verlauf das Konto des Täters gesperrt wurde und er sich auch bereits bei den Ermittlungsbehörden erkundigte, hätte er zumindest danach den wahren Charakter seiner fortgesetzten Tätigkeit erkennen müssen. Dabei billigte das Gericht dem nicht vorbestraften Angeklagten jedoch zu, durch die Hintermänner eingeschüchtert geworden zu sein. Auch hatte der Täter im weiteren Verlauf durch die Kooperation mit der Polizei weitere Schäden vermieden.

Insgesamt lag nach Auffassung des Gerichts somit nur ein geringer zu bestrafender Fall der Geldwäsche nach § 261 Abs. 5 StGB vor. Gegen das Urteil hat die zuständige Staatsanwaltschaft Revision beantragt.

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(Marc Störing) / (jk)