Wikis: Zurück in die Zukunft

"Mit Wikis kehren wir zurück zur eigentlichen Idee des Internet" meinte Erik Möller auf dem 1. Wikiposium der Österreichischen Computergesellschaft und der Tagung "Kulturelles Erbe und Neue Technologien".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 91 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Entscheidend für den Erfolg eines Wiki sei die Strukturierung der verfügbaren Information. Diesen Standpunkt vertrat Erik Möller am heutigen Montag auf dem 1. Österreichischen Wikiposium in Wien. Die ausgebuchte Veranstaltung wird von der Österreichischen Computergesellschaft (OCG) in Kooperation mit der internationalen Tagung "Kulturelles Erbe und Neue Technologien" der Stadtarchäologie Wien ausgerichtet. "Mit Wikis kehren wir zurück zur eigentlichen Idee des Internet: Jeder kann sich beteiligen", sagte Möller in seinem Eröffnungsvortrag. Jedoch werde nicht jedes Wiki zwangsweise ein Erfolg. Oft werde die Bedeutung der Struktur unterschätzt. Dabei sei diese sowohl für die Eingabe der Information als auch deren Suche und Weiterverarbeitung wesentlich.

"Wenn bestimmte Daten strukturiert vorliegen, können sie ohne Aufwand in eine Übersetzung übernommen werden, etwa statistische Angaben über Bevölkerung oder BIP eines Landes", führte Möller Beispiele an. Die Verknüpfung kompatibler Begriffsdefinitionen ermögliche die Suche nach Bildern, die in einer fremden Sprache beschlagwortet wurden. Um die Eingabe bestimmter Daten zu standardisieren und zu vereinfachen, setzt Möller auf "einfache Formulare mit maximaler Usability" – die mitsamt der notwendigen Datenbank ein wesentlicher Bestandteil des von ihm vorgeschlagenen Wikidata sind.

Neue Tools wie Wikis und Blogs – die übrigens zu "Blikis" zusammenwachsen würden – hielten bereits in vielen Bereichen Einzug. Vor allem Unternehmen würden sie zwecks Effizienzsteigerung im Wissensmanagement einsetzen. Durch die Hintertür würde damit auch mehr interne Transparenz und mehr Partizipation aller Mitarbeiter ermöglicht. Wikis und Blogs würden zu mehr kritischer Berichterstattung in der Öffentlichkeit führen, postwendend aber auch als Public-Relations-Instrument genutzt. "Wir müssen in der Medienpädagogik den Schwerpunkt auf Partizipation setzen, nicht auf Rezeption", ist Möllers Credo. Nicht zuletzt sei die dadurch gewonnene Medienkompetenz ein Standortvorteil.

"In fünf Jahren ist ein Wiki so normal wie E-Mail heute", prophezeite der Wiki-Entwickler Helmut Leitner, "Jede größere Organisation wird ein Wiki einsetzen oder zumindest darüber nachgedacht haben." Derzeit allerdings litten Wikis darunter, "dass jeder User unglaublich viele Möglichkeiten hat". Dies würde durch Plug-ins und Kombinationen mit anderen Applikationen (Mailinglisten, CMS usw.) noch verschärft. Außerdem verwirre der inflationäre Gebrauch des Begriffs "Wiki". Mögliche Konsequenz sei die Einführung von Wiki-Qualitäts-Standards (WQS). WQS-1 könne festlegen, welche Mindestfunktionen ein System aufweisen muss, um Wiki genannt zu werden. WQS-2 solle höhere Anforderungen an "Qualitäts-Wikis" stellen.

Präsentationen verschiedener Wiki-Projekte, ein Vortrag über die Wirkung sozialer Normen in Wikis sowie die Vorstellung von Semapedia füllten das weitere Programm des Wikiposiums. Semapedia möchte Wikipedia-Informationen mit der realen Welt verknüpfen und mobilen Endgeräten (Handys u. a.) vor Ort zur Verfügung stellen.

Im Heise-Verlag erschienen ist Erik Möllers Telepolis-Buch "Die heimliche Medienrevolution – Wie Weblogs, Wikis und freie Software die Welt verändern". (Daniel AJ Sokolov) / (jk)