Zahlen vom Kampf gegen den Terror

Schwerpunktthema beim 10. europäischen Polizeikongress bildet die Vorstellung neuer digitaler Ermittlungsmethoden wie etwa Software zur Analyse von Finanztransaktionen, um die Finanzströme internationaler Terror-Netzwerke aufdecken zu können.

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Von
  • Detlef Borchers

Rund 1600 Teilnehmer aus ganz Europa und etlichen arabischen Ländern diskutieren auf dem 10. europäischen Polizeikongress in Berlin über den Kampf gegen den Terror. Schwerpunktthema bildet die Vorstellung neuer digitaler Ermittlungsmethoden wie beispielsweise Software zur Analyse von Finanztransaktionen, um die Finanzströme internationaler Terror-Netzwerke aufdecken zu können. Auch der Aufbau massiver Datenbanken ist ein Thema. Firmen wie SAP. Oracle, SPS und IBM zeigen Lösungen für den boomenden Markt, die Konzepte aus der Business Intelligence und dem Data Mining auf die Polizeiarbeit zu übertragen.

Allein für die im Aufbau befindliche Anti-Terror-Datei musste das Bundeskriminalamt 72 Datenbankspezialisten einstellen, die das komplexe System pflegen. Für BKA-Präsident Jörg Ziercke lohnt sich die Arbeit mit den Datenbeständen. Allein der Datenabgleich der DNA-Bestände von Deutschland und Österreich nach dem Vertrag von Prüm habe 1500 "Treffer" erbracht, die nun aufgearbeitet werden, teilte Ziercke dem Publikum mit. Als Nächstes sollen die DNA-Daten von Spanien eingepflegt werden.

Derzeit laufen in Deutschland 219 Ermittlungsverfahren mit "islamistisch-terroristischem Hintergrund", rund die Hälfte davon werden nach Auskunft von Ziercke beim BKA geführt. Große Stücke setzt man auf die beim BKA angesiedelte Internet-Monitoring- und Analyse-Stelle (IMAS), die ständig 5000 Webseiten mit gefährlichen Inhalten rund um die Uhr überwacht. Auch der Ansturm auf entsprechenden Tätigkeiten ist groß. Auf eine Anzeige nach vier Islam-Wissenschaftlern hin bewarben sich Ziercke zufolge 240 Interessenten, bei zwei Übersetzerjobs aus dem Arabischen kamen 80 Bewerbungen. Ob das ausreicht, den Kampf gegen den Terror zu führen, steht noch aus. Ohne heimliche Online-Durchsuchungen von Computersystemen, machte Ziercke in seiner Rede deutlich, ist der Kampf verloren.

Besondere Sorge bereitet dem BKA-Chef der Kampf gegen den "Homegrown-Terrorismus", gegen die Selbstradikalisierung junger Moslems, die in zweiter oder dritter Generation in Deutschland aufgewachsen sind. Als bis dato größten Fahndungserfolg nennt Ziercke die Verhaftung von acht türkischstämmigen Jugendlichen, die durch Internet-Videos radikalisiert nach der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Dänemark ein Attentat auf die Sängerin Nena planten. Weitere Zahlen, die Ziercke nannte, um den Zuhörern die negativen Seiten des Internets deutlich zu machen, betrafen die starke Zunahme von Phishing-Seiten. Während das BKA im Mai 2006 insgesamt 12.000 solcher Seiten zählte, waren es im November bereits 32.000 Seiten. Besonders problematisch sind nach Ziercke die "explodierenden Botnetze in Millionenhöhe", bei denen über Trojaner fremde Rechner zweckentfremdet werden, um Spam zu verschicken. 20.000 Schadprogramme sollen laut Ziercke vom BSI gezählt worden sein. "Die Zahlen zeigen, das Internet-Täter keine psychologischen Hemmschwellen haben", lautete Zierckes Fazit.

Zum 10. europäischen Polizeikongress siehe auch:

(Detlef Borchers) / (jk)