Wer im Irak in Internetcafes erotische Webseiten besucht, lebt gefährlich

Islamisten im Irak überwachen Internetcafes und töten oder bestrafen Menschen, die beim Ansehen angeblich unislamischer Webseiten beobachtet werden.

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Von
  • Florian Rötzer

Die irakische Hilfsorganisation IAA berichtet, dass bereits Dutzende von Irakern getötet worden seien, nachdem sie in Internetcafes erotische oder pornographische Seiten aufgerufen haben. Fatah Ahmed, der Sprecher der NGO, sagte gegenüber dem Sender al-Dschasira: "Wir haben Informationen von vielen Seiten erhalten, dass Militante auch Spione in Internetcafes schicken, um herauszufinden, wer Webseiten besucht, die sie als nicht-islamisch bezeichnen."

Meist würden die Opfer nach dem Verlassen des Internetcafes getötet oder entführt und dann misshandelt. Es sei nicht verwunderlich, kommentierte Ahmed, dass junge Menschen in einem islamischen Land mit alltäglicher Gewalt Unterhaltung und Abwechslung suchen. Weil es gefährlich sei, sich in den Städten zu bewegen, würden junge Menschen im Internet beispielsweise über Chaträume, die von den Islamisten ebenfalls verurteilt würden, Kontakte knüpfen.

Al-Dschasira berichtet vom Fall eines 23-jährigen Studenten, der in einem Internetcafe in Bagdad Porno-Sites besucht hatte. Als er das Internetcafe verlassen hatte, wurde er von drei Männern gefangen genommen und mit verbundenen Augen mit einem Wagen in ein Haus gebracht. Dort musste er sich, wie er erzählt, ausziehen. Die Täter legten ihm Handfesseln an, schlugen ihn und drückten Zigaretten auf seiner Haut aus. Nach sechs Tagen sei er wieder frei gelassen und gewarnt worden, dass man ihn töten werde, wenn er nochmals Porno-Videos im Internet anschaue.

Fälle wie diesen hat es laut IAA viele gegeben. Auch zwei Besitzer eines Internetcafes in Bagdad sollen im Februar gefoltert und geköpft worden sein, weil sie den Kunden Zugang zu pornographischen Seiten gewährten. Nach Auskunft eines Mitglieds der irakischen Kommission für Kommunikation und Medien, das sicherheitshalber lieber anonym bleiben wollte, habe es schon Überlegungen gegeben, die Internetcafes zu regulieren. Aber man sei hier wiederum aus Sicherheitsgründen nicht weitergekommen. Allerdings würden Schulen und Universitäten zunehmend Filter verwenden. Professor Hussam Abdallah von der Bagdad Universität bestätigt dies. Die Studenten hätten die Möglichkeit, das Internet zu benutzen, wenn pornographische Seiten blockiert sind. Man habe auch das Chatten verboten: "Wir wollen den Extremisten keinen Grund bieten, uns anzugreifen." (fr)