Auch Mädchen lieben brutale Computerspiele

Nach einer US-Studie spielen praktisch alle 12- bis 14-Jährigen Computerspiele und haben meist auch Zugang zu solchen, die erst für Erwachsene freigegeben sind.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Mädchen scheinen fast ebenso wie Jungen Gefallen an Spielen zu haben, in denen es um Gewalt geht. Nach einer Studie, in der über 1200 12- bis 14-jährige Jugendliche in den USA befragt wurden, war bei den Jungen "Grand Theft Auto" (in den USA ab 17 Jahre freigegeben, in Deutschland sind die gesäuberten Versionen ab 16 Jahre zu haben) das weitaus beliebteste Spiel, das sich durch Gewaltdarstellung auszeichnet. Bei den Mädchen lagen zwar The Sims an erster Stelle. Das zweitbeliebteste Spiel war aber ebenfalls "Grand Theft Auto".

Fast alle Jugendlichen benutzen Computerspiele. Nur 6 Prozent der Befragten gaben an, im letzten halben Jahr nicht gespielt zu haben. Ein Drittel der Jungen und ein Zehntel der Mädchen spielt täglich. Oft wird gespielt, um Gefühle wie Stress oder Ärger abzubauen. Überdies spielt die Mehrzahl aller Jungen und Mädchen regelmäßig Spiele, in denen Gewalt eine Rolle spielt. Zwei Drittel der Jungen und ein Viertel der Mädchen haben im letzten halben Jahr ein Spiel gespielt, das erst ab 17 Jahre freigegeben ist. Spiele mit Gewalt werden eher mit der Motivation gespielt, den Ärger abzubauen. Wer Gewaltspiele vorzieht, neigt auch dazu, mit anderen im Internet zu spielen. Das trifft besonders auf die Jugendlichen zu, die Spiele mit der Alterfreigabe ab 17 Jahren spielen. Die Freundschaften von Jungen würden sich zudem oft um Computerspiele drehen.

Die Wissenschaftler vom Center for Mental Health and Media des Massachusetts General Hospital sehen in dem Ergebnis, dass so viele Jugendliche Spiele benutzen, die sie eigentlich aus Gründen des Jugendschutzes nicht spielen dürften, einen Anlass, über Jugendschutz und Verbote anders nachzudenken. "Wenn Gewaltspiele so verbreitet sind und die Jugendkriminalität gesunken ist", meint Cheryl Olson, federführende Autorin der Studie, "so sind die meisten Kinder, die solche Spiele gelegentlich spielen, offenbar ganz in Ordnung. Wir hoffen, dass diese Studie ein erster Schritt dahingehend ist, die Diskussion von der Behauptung, 'Gewaltspiele sind schrecklich und zerstören die Gesellschaft', zu der Frage zu überführen, 'Welche Spielinhalte können für welche Kinder in welchen Situationen schädlich sein?'" Aber die Studie gibt auch Ratschläge, wie man den Zugang zu Gewaltspielen besser kontrollieren kann. Die Eltern sollten Computer und Spielekonsolen nicht in den Kinderzimmern dulden, zudem sollten sie darauf aufpassen, was ältere Geschwister mitbringen.

Allerdings kommt eine andere, in der aktuellen Ausgabe der Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine erschienene Studie, für die in den Jahren 2002 und 2003 fast 1500 Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren in den USA befragt wurden, zu einem etwas anderem Ergebnis, was die Benutzung von Computerspielen durch Mädchen betrifft. Das mag allerdings auch mit der größeren Altersdifferenz oder mit dem Erhebungszeitraum zu tun haben.

Die Jugendlichen mussten für die Studie in einem Tagebuch alles auflisten, was sie an einem Wochentag und an einem Tag am Wochenende gemacht hatten. Hier spielten 80 Prozent der Jungen und 20 Prozent der Mädchen Computerspiele. Die Jungen spielten durchschnittlich 58 Minuten an Werktagen und 37 Minuten an Wochenendtagen, die Mädchen spielten hingegen am Wochenende mit 64 Minuten länger als an Wochentagen (44 Minuten). Allgemein lesen die Computerspieler 30 Prozent weniger als Nichtspieler und verbringen auch 36 Prozent weniger Zeit mit schriftlichen Hausaufgaben. Wer zusammen mit den Eltern oder mit Freunden spielt, macht auch in der übrigen Zeit mehr mit den Eltern beziehungsweise den Freunden. Wer alleine spielt, scheint auch sonst weniger an gemeinsamen Aktivitäten interessiert zu sein. Allgemein aber würden sich Spieler und Nichtspieler nicht unterscheiden, wenn es um die Zeit geht, die sie mit ihrer Familie oder Freunden verbringen. Bedenklich sei aber die Vernachlässigung der Hausarbeiten, da so Computerspiele mit schlechteren schulischen Leistungen verbunden sein könnten. (fr)