Noch gelbe Ampeln auf dem Weg zu neuen Top Level Domains

Zwei Wochen vor Ablauf der Anmeldefrist haben sich 290 Antragsteller bei der ICANN für das neue TLD-Verfahren registriert. Jeder davon kann bis zu 50 Domains anmelden. Das Abarbeiten der Anträge werde "wenige Jahre" dauern, kündigte die ICANN an.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 30 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Zwei Wochen vor Ablauf der Registrierfrist liegt die Zahl der Bewerber für neue Top-Level-Domains (TLD) wie .hiv, .berlin oder .music bei 290. Das teilten ICANN-Präsident Steve Crocker und CEO Rod Beckstrom zum Abschluss des 43. Treffens der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) in Costa Rica mit.

Da jeder bis 29. März registrierte Bewerber bis zum 12. April maximal 50 neue Adresszonen anmelden kann, hielten sich Crocker und Beckstrom mit Schätzungen zur endgültigen Zahl zurück. Vom Andrang auf die neuen Namen hängt unter anderem ab, wann die ICANN eine weitere Runde eröffnen wird. Crocker sagte, das Abarbeiten von Runde eins werde "wenige Jahre" dauern. Die ICANN war von verschiedenen Seiten aufgefordert werden, durch die Veröffentlichung eines Zeitplans spät entschlossenen oder zögerlichen Bewerbern eine Alternative zu einem Last-Minute-Antrag zu geben.

Eine lange Liste von Fragen (PDF) servierten erneut die während des ICANN-Treffens tagenden Regierungen. Dazu gehörte der Zeitplan zur zweiten Runde, eine "Lösung" für defensive Registrierungen, eine Vorabstudie zum Einfluss auf die Root-Zone und eine Vorgehen zum Abarbeiten der TLD-Anträge, falls mehr als 500 vorliegen. Die Regierungen wollen außerdem dringend wissen, welche Informationen sie zu den Bewerbungen bekommen, um als "Frühwarnsystem" bei möglicherweise bedenklichen TLDs fungieren zu können.

In gemeinsamen Sitzungen zwischen Vorstand und Regierungsbeirat hagelte es Kritik, ICANN beantworte Fragen zu langsam. Getrieben von andauernden Beschwerden großer Markeninhaber hatte die Organisation kurzfristig eine Konsultation zu "defensiven Registrierungen" gestartet. Ein Arsenal von Schutzvorkehrungen gegen Grabbing, etwa eine Clearing-Stelle für Marken, reichen den Markeninhabern noch nicht aus.

Die neu gegründete Coalition for Responsible Internet Domain Oversight (CRIDO) forderte eine weitere Liste, in der Organisationen und Unternehmen kostenlos ihre Namen als "unverkäuflich" registrieren können. Für viel Streit sorgte in Costa Rica der besondere Schutz für alle Namen des Roten Kreuzes/Roten Halbmondes und des Olympischen Komitees. Vertreter der Nutzerverbände fragten, warum die hart erkämpften Verfahren für Einzelne auf Zuruf aufgegeben werden. Regierungsvertreter wiederum forderten den ICANN-Vorstand zu sofortigem Handeln zugunsten der beiden Organisation auf.

Um die Öffnung des Namensraums nicht doch noch zu gefährden, scheint die Führung der ICANN Regierungsforderungen eher nachzugeben als früher. Auch im Konflikt um schärfere Bestimmungen in den Verträgen zwischen ICANN und Registraren sicherten Crocker und der ICANN-Vizechef Kurt Pritz die rasche Erfüllung aller Forderungen der Strafverfolgungsbehörden zu – bei 11 von insgesamt 12 gebe es praktisch bereits einen Konsens. Debattiert werde noch die Speicherung von Nutzerdaten bei den Registraren und die Verpflichtung, die Inhaberdatendaten (Whois-Daten) jederzeit makellos vorzuhalten. Inwieweit das zu Datenschutzprobleme führt, diskutiert der Regierungsbeirat der ICANN nicht.

Ein Blick in das von der ICANN aus den laufenden Verhandlungen mit den Registraren veröffentlichte Dokument (PDF) zeigt zudem, dass auch mit Blick auf eine stärkere Verantwortlichkeit der Registrare noch diskutiert wird. Während der nächsten Konferenz in Prag wollen sogar erstmals Minister selbst über die neuen TLDs diskutieren. (ck)