Kreditkartenkunde will Bank nach Kinderporno-Ermittlungen verklagen

Ein Wiesbadener Geschäftsmann plant eine Klage gegen seine Bank. Seiner Ansicht nach hat sie ihn fahrlässig ins Visier von Ermittlern gebracht, die aufgrund von Kreditkartendaten gegen mutmaßliche Käufer von Kinderpornos ermittelten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 471 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Verbreitung von Kinderpornografie ist ein hässlicher Vorwurf, und 80 bis 100 Millionen Dollar sind auch für eine Großbank viel Geld. Mit einer Klage über diesen Streitwert drohen die Anwälte des Wiesbadener Geschäftsmanns Klaus Dold der Commerzbank. Der 73-Jährige glaubt, dass seine Hausbank ihn fahrlässig ins Visier der Internet-Ermittler gebracht und seine wirtschaftliche Existenz höchster Gefahr ausgesetzt hat: Pures Glück war es nach seiner Darstellung, dass zwei Kriminalpolizisten davon absahen, mitten im Weihnachtsgeschäft seine Firmencomputer zu beschlagnahmen – mit allen Bestellungen, offenen Rechnungen und der Kundenkartei.

Dabei waren die Kripo-Männer im Dezember 2006 eigentlich auf der Suche nach kinderpornografischen Bildern und Videos. Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte ermittelt, dass mit Dolds Kreditkarte solche Dateien bezahlt worden waren – im Mai 2005, anderthalb Jahre vor der Durchsuchung. Als die Beamten in seinem Büro standen, erinnerte sich Dold an die mysteriösen Abbuchungen aus dieser Zeit, die er reklamiert hatte. Später ließ er die Karte sperren. Ein Anruf, und die Wiesbadener Filiale faxte ihm den ganzen Vorgang zu. Die Unterlagen überzeugten die Polizisten: Sie brachen die Durchsuchung ab, kurz darauf stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.

Doch für Dold ist der Fall damit nicht erledigt: "Ich bin verletzt, ich lass' das nicht auf mir sitzen." Seiner Auffassung nach hätte die Bank ihm den peinlichen Polizeibesuch ersparen können. Denn in den Faxpapieren fand Dold ein Schreiben der Commerzbank, dass bei einem Zahlungsabwickler in den USA zwischen August 2004 und Mai 2005 Datensätze von 2000 ihrer Kreditkarten-Kunden ausgespäht worden waren. Der Wiesbadener meint, dass auch seine dabei waren – und dass die Bank ihn deshalb hätte warnen müssen.

"Es gibt nicht den geringsten Hinweis, dass die Daten von Herrn Dold dazu gehörten", erwidert Commerzbank-Sprecher Peter Pietsch. Die betroffenen Kunden seien schriftlich aufgefordert worden, ihre Kartenumsätze genau zu kontrollieren, damit habe die Bank ihre Pflicht erfüllt. Der Dold entstandene immaterielle Schaden sei bedauerlich. Gleichwohl: "Ich glaube nicht, dass wir da einen Fehler gemacht haben."

Das sieht Dold anders. Denn er wirft der Bank auch vor, dass sie die Karte nicht gleich gesperrt, sondern noch einige Wochen gültig gelassen habe. Zwar ersetzte sie die betrügerischen Abbuchungen – doch Dold glaubt, dass erst die Verzögerung den Verdacht der Ermittler weckte. Eine internationale Kanzlei hat ihm eine Sammelklage in den USA empfohlen, weil dort die Daten abhanden gekommen seien; auf eine Zeitungsannonce haben sich bereits 14 mögliche Mitstreiter gemeldet. "Dafür, dass die Daten in den USA geklaut worden sind, kann die Commerzbank nichts", kontert Unternehmenssprecher Pietsch. Einer Klage sehe man "gelassen entgegen".

Oft führt die Spur zu Kinderporno-Ringen über Kreditkarten. Im Oktober 2004 werden 1000 Menschen in 12 Ländern festgenommen, im Januar 2007 ermittelt das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt nach der Auswertung von Millionen Kreditkarten-Transaktionen in Deutschland 322 Verdächtige. Gleichzeitig stößt die Polizei auf immer neue Tricks, die sensiblen Daten auszukundschaften. Im Ausland sind schon manipulierte Lesegeräte entdeckt worden, die Kartendaten per SMS direkt in die Fälscherwerkstatt übermittelten. (dpa) (uma)