EU-Kommission kritisiert deutschen Glücksspielstaatsvertrag

Die Bundesländer haben nach Ansicht der EU-Kommission nicht überzeugend dargelegt, dass Online-Poker und Casino-Spiele im Internet besonders süchtig machten.

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Von
  • Detlef Borchers

Die EU-Kommission kritisiert in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme (PDF-Datei) den revidierten Glücksspielstaatsvertrag, der mit Ausnahme von Schleswig-Holstein zur Jahresmitte in allen Bundesländern in Kraft treten soll. Sie lobte die Ausweitung von 5 auf 20 Anbieter für Online-Sportwetten, monierte aber die Absicht, Casino-Spiele und Online-Poker nicht zuzulassen.

Die EU-Kommission weist die Bundesländer darauf hin, dass ein Mitgliedsstaat der EU belastbare Beweise vorbringen muss, wenn er eine Beschränkung einer Dienstleistung durchsetzen will. Die Bundesländer hätten nicht überzeugend dargelegt, dass Online-Poker und Casino-Spiele besonders süchtig machten und der Geldwäsche dienen könnten. Die Beweise dafür müssten sie nun erbringen.

Das Schreiben der EU-Kommission ist die Antwort auf das Notifizierungsverfahren nach der EU-Richtlinie 98/34/EG: Ein Mitgliedsstaat informiert die Kommission über eine geplante gesetzliche Änderung bei den "Diensten der Informationsgesellschaft", bevor diese in Kraft treten. Die Kommission hat mit ihren Bemerkungen keine direkte Eingriffsmöglichkeit, die geplanten gesetzlichen Maßnahmen zu blockieren oder das Gesetz zu verbieten. Dies kann erst dann geschehen, wenn gegen ein Gesetz geklagt wird. Damit können die Bundesländer den Glücksspielstaatsvertrag trotz der europarechtlichen Bedenken ratifizieren, riskieren aber Klagen von Glücksspielanbietern. Auch ist es denkbar, dass die EU ein Vertragsverletzungsverfahren in die Wege leitet.

In einer ersten Stellungnahme hatte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) als Vertreter der Bundesländer von einem positiven Votum aus Brüssel gesprochen. Dem widersprach der Deutsche Lottoverband als Vertreter der Glücksspielindustrie. Der Verband fordert die Länder auf, sich dem Vorstoß von Schleswig-Holstein anzuschließen.

Das Schreiben der EU-Kommission bezieht sich nicht auf Schleswig-Holstein, das einen eigenen Glücksspiel-Staatsvertrag (PDF-Datei) vorgelegt hat, in dem Online-Poker und Casino-Spiele erlaubt sind. Rund 40 Anbieter von Internet-Spielen wollen sich in Schleswig-Holstein niederlassen. Sie hoffen darauf, dass die übrigen Bundesländer ihren Widerstand gegen Online-Poker und Casino-Spiele aufgeben. (anw)