Ministerien in Nordrhein-Westfalen gegen Online-Mobbing von Lehrern

Unter anderem hat das NRW-Schulministerium die Bezirksregierungen angewiesen, dafür zu sorgen, dass verantwortliche Schüler ermittelt werden könnten und strafrechtlich relevante Inhalte aus dem Internet entfernt würden.

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Von
  • Torsten Kleinz

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen will den Lehrern des Landes in Zukunft besser im Kampf gegen Online-Mobbing beistehen. Mit einer gemeinsamen Erklärung traten die Justiz- und die Bildungsministerin des Landes an die Öffentlichkeit. Lehrerverbände hatten sich im Vorfeld über zunehmendes Mobbing gegen Lehrer im Internet beschwert.

Immer wieder gelangen besonders schwerwiegende Fälle an die Öffentlichkeit, in denen Schüler online ihren Lehrern eins auswischen wollen. So beklagt der Philologenverband, dass die Gesichter von Lehrkräften in Hinrichtungs- oder Pornovideos hineinkopiert und auf Börsen wie Youtube hochgeladen werden. Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter erklärte, dass viele Darstellungen von Lehrkräften keinesfalls als Schüler-Scherze oder Kavaliersdelikte eingestuft werden dürften: "Wir haben es hier eindeutig mit Straftaten zu tun, die zu Recht mit empfindlichen Strafen geahndet werden können." Die Bandbreite der erfüllten Straftatbestände reichen von Beleidigung über Nachstellung bis hin zu Körperverletzungsdelikten.

Das Schulministerium hat die Bezirksregierungen angewiesen, den Lehrern zu helfen und dafür zu sorgen, dass verantwortliche Schüler ermittelt werden könnten und strafrechtlich relevante Inhalte aus dem Internet entfernt würden. Dabei will sich das Schulministerium allerdings auf den normalen Rechtsweg verlassen – Internetsperren nach Vorbild der Bezirksregierung Düsseldorf seien nicht geplant, versicherte das Ministerium gegenüber heise online.

Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes Heinz-Peter Meidinger äußert sich positiv zur Initiative. Im Gespräch mit heise online erklärte der Oberstudiendirektor: "Besonders begrüßen wir die geplante Einrichtung von Ansprechpartnern bei den Bezirksregierungen." Auch der Verweis der Ministerien auf mögliche strafrechtliche Konsequenzen des Lehrermobbings kommt bei Meidinger gut an. Sein Verband hatte im Juni noch einen Maßnahmenkatalog vorgestellt, um gegen die Beleidigungen von Lehrern im Internet vorzugehen. Meidinger rät betroffenen Lehrern zuerst den inenrschulischen Weg zu beschreiten. "In 90 Prozent der Fälle stellen sich die Betreffenden, wenn man sie per E-Mail konkret anspricht", sagt der Gymnasiallehrer. Trotzdem will der Pädagoge auf Strafverfolgung oder zivilrechtliche Klagen nicht verzichten.

Zur Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler sieht Meidinger das Internet weniger geeignet: "Wir sind offen für Rückmeldungssysteme", erklärt der Vorsitzende des Philologenverbandes. Allerdings sollten die schulintern organisiert werden. Meidinger wendet sich auch explizit gegen das Kölner Portal Spickmich, bei dem Schüler ihre Lehrer bewerten könnten und das vor Gericht gerade einen Teilerfolg erzielen konnte. Das Bewertungsverfahren dort sei unklar, aufgrund mangelnder Kontrolle könnten einzelne Schüler ihre Lehrer problemlos in eine bundesweite "Flop-Liste" wählen. Auf dem Portal haben sich nach Angaben des Providers inzwischen über 150.000 Schüler angemeldet und über 100.000 Lehrer benotet. Dabei erreichten die Lehrkräfte die Durchschnittsnote 2,7.

Diese mangelnde Kontrolle des Schüler-Portals wollten sich Lehrer eines Gymnasiums im niedersächsichen Hemmingen zu Nutze machen. Nach einem Bericht der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung hatten sich Lehrer vielfach in dem Schüler-Portal angemeldet und ihre Kollegen so in die bundesweite "Top-Liste" des Portals gewählt. Auf Anfrage von heise online erklärten die Betreiber von Spickmich.de aber, dass diese Aktion nur begrenzten Erfolg gehabt habe. "Schüler haben uns darauf aufmerksam gemacht, dass hier etwas nicht stimmt", erklärt Unternehmenssprecher Bernd Dicks. Die Fake-Profile der Lehrer seien innerhalb eines Tages gelöscht worden. "Manche Lehrer scheinen sich der Kritik nicht stellen zu wollen", bedauert Dicks. "Die Schüler hingegen nehmen die Bewertung sehr ernst." Meidinger rät dem Portal, auf fragwürdige Bewertungskriterien oder zumindest auf "Knall-Effekte" wie bundesweite Flop-Listen zu verzichten. (Torsten Kleinz) (jk)