Wikipedianer wählen [Update]

Bis Samstag können registrierte Mitglieder noch drei neue Wikimedia-Kuratoriumsmitglieder wählen. Für Unfriede sorgt die Kandidatur von Danny Wool, der unter dem Motto "Quis custodiet ipsos custodes?" antritt.

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Von
  • Torsten Kleinz

Wahlzeit bei der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia und ihren Schwesterprojekten: Noch bis zum Samstag sind die registrierten Autoren der Projekte aufgerufen, drei neue Kuratoriumsmitglieder der Wikimedia Foundation zu wählen. Gleichzeitig soll das Gremium mit zwei Neuanstellungen entlastet werden.

Mitwählen dürfen alle registrierten Mitglieder eines Wikimedia-Projekts, die zum Stichtag am ersten Juni drei Monate angemeldet waren und 400 Beiträge in einem Projekt geleistet haben. Insgesamt haben sich 15 Kandidaten zur Wahl gestellt, die sich jeweils selbst vorstellen und auf einer Diskussionsseite nach ihren Positionen zu bestimmten Kernfragen befragt werden können. Kernthemen der Wahl sind die Erschließung neuer Geldquellen und die organisatorische Entwicklung der Wikimedia Foundation.

Anders als bei vorhergehenden Wahlen vertraut die Wikimedia nicht mehr auf das Wiki-Prinzip. Für die Durchführung des Wahlgangs wurde der externe Dienstleister Software in the Public Interest verpflichtet. Die abgegebenen Stimmen sind nicht mehr direkt einsehbar. [Update:Wie bei der vorherigen Wahl kann man so viele Stimmen abgeben wie man will.]

Für Unfriede sorgt die Kandidatur von Danny Wool, der noch bis zum Frühjahr dieses Jahres im Büro der Wikimedia Foundation gearbeitet hatte. Er kandidiert unter dem Wahlspruch "Quis custodiet ipsos custodes?" – "Wer überwacht die Wächter?" Wool erhebt scharfe Vorwürfe gegenüber dem jetzt amtierenden Vorstand, den er am liebsten durch professionelle Manager ersetzen will. Der Internationalität des Projekts wird die Auswahl der Kandidaten nicht ganz gerecht: Sämtliche Bewerber für die Wikimedia-Posten kommen aus Europa und den USA. Einziger deutscher Kandidat ist Erik Möller, der dem Wikimedia-Vorstand schon seit vergangenem Jahr angehört und sich nun um eine Verlängerung seiner Amtszeit bewirbt.

Das Board Of Trustees soll eigentlich als eine Art Aufsichtsrat der Wikimedia Foundation fungieren. Nach dem Ausscheiden mehrerer Mitarbeiter, darunter des Interims-Geschäftsführers Brad Patrick, hat das Gremium aber auch die direkte Führung der Geschäfte übernommen.

Die jetzige Vorsitzende Florence Devouard bemüht sich derzeit, neue Strukturen für einen professionelleren und verlässlicheren Betrieb der Wikimedia zu schaffen, hat bisher aber noch keinen greifbaren Durchbruch erzielt. Zwar wurden neue Gremien und Arbeitskreise geschaffen, bei zentralen Fragen wie der Erschließung neuer Geldmittel zum Betrieb der teuren Server-Infrastruktur und dem Engagement der Wikimedia zur Verbreitung von Wissen in Entwicklungsländern sind jedoch noch keine konkreten Fortschritte erzielt worden. Auch die Einführung stabiler Artikelversionen in der Wikipedia liegt seit mehr als einem Jahr auf Halde.

Um die Weiterentwicklung der Wikimedia zur handlungsfähigen internationalen Organisation zu gewährleisten, hat die Stiftung jetzt zwei neue Fachkräfte eingestellt. Die erfahrene Medien-Managerin Sue Gardner wurde als "Special Advisor" der Stiftung verspflichtet. Die Kanadierin war zuletzt für die Internetpräsenz des staatlichen Fernsehens in Kanada zuständig. Gardner soll in allen Bereichen der Wikimedia tätig werden – ob sie als neuer "Executive Director" vorgesehen ist, ist noch unklar. Als juristische Verstärkung hat die Stiftung den US-Anwalt Mike Godwin engagiert.

Weniger Wechsel gibt es beim deutschen Wikimedia-Verein. Bei einer Versammlung am Wochenende in Frankfurt haben die Vereinsmitglieder beschlossen, die im vergangen Jahr gegründete Geschäftsstelle auf unbestimmte Zeit weiterzubetreiben. Als erster Vorsitzender wurde Kurt Jansson bestätigt, neuer zweiter Voritzender ist Frank Schulenburg. Der gemeinnützige Verein investierte im vergangenen Jahr 70.000 Euro in Server zum Betrieb der Wikipedia und der Schwesterprojekte. (Torsten Kleinz) / (jk)