Microsoft-Chef: Open-Source-Gemeinde muss geistiges Eigentum respektieren

Novells Partnerschaft mit Microsoft verdeutlicht nach Meinung von CEO Steve Ballmer den Stellenwert von geistigem Eigentum auch für die Open-Source-Welt.

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Nachdem vergangene Woche Details zu der im November geschlossenen strategischen Kooperation zwischen Microsoft und dem Linux-Distributor Novell bekannt geworden sind, hat Microsoft-CEO Steve Ballmer auf einem Treffen mit Analysten Einblicke in die Sichtweise seines Konzerns zu dieser Partnerschaft gewährt. Laut einem als DOC-Datei veröffentlichten Transkript sagte Ballmer zu diesem für sein Unternehmen "sehr wichtigen" Geschäft, es verdeutliche den Stellenwert von geistigem Eigentum auch für die Open-Source-Welt. "Ich erwarte von der Partnerschaft mit Novell keinen deutlichen Umsatzzuwachs, aber ich denke, sie stellt klar, dass Open Source nicht frei ist und die Community das geistige Eigentum anderer ebenso respektieren muss wie jeder andere Konkurrent."

Open Source beziehungsweise Linux im Zaum zu halten ist nicht erst seit Kurzem erklärtes Ziel des Microsoft-CEO. In der für Treffen mit Analysten typischen Atmosphäre aus gesteigertem Problembewusstsein und sprühendem Optimismus bezeichnete Ballmer Open Source als eine Art von Konkurrenz, die seines Erachtens nicht von bestimmten einzelnen Unternehmen ausgeht, sondern von Geschäftsmodellen. Anders verhalte es sich für den Talentmarkt, auf dem sich mit Google erstmals seit Jahren ein ernsthafter Mitbewerber etabliert habe.

Auf dem Markt für Desktops und Server habe Microsoft Linux gut Paroli geboten, meint Ballmer. Er äußerte sich zuversichtlich, im nächsten Jahr Linux besonders bei Web-Servern und Hochleistungs-Clustern Marktanteile abknöpfen zu können. Bei allen Erfolgen dürfe aber nicht vergessen werden, dass von einem Konkurrenten, der "so gut wie frei" wirke, immerzu eine Herausforderung ausgehe, insbesondere bei der Preisgestaltung. "Wir haben ein höheres Preisniveau, aber wir bieten mehr Wert", demonstrierte Ballmer Selbstbewusstsein.

Der CEO äußerte sich auch noch einmal zu den Umsatzerwartungen beim neuen Betriebssystem Vista, für die er bereits zu Vorsicht geraten hatte. Das Erscheinen einer neuen Windows-Version führe nicht zwangläufig zu höheren Umsätzen, doch wenn es keine neue "aufregende, fantastische, überragende" Windows-Neuerscheinung gebe, werde Linux, Mac und anderen Raum eröffnet und der PC-Markt negativ beeinflusst. Insofern diene Vista zumindest dazu, bisherige Umsätze zu untermauern, erläuterte der Microsoft-Chef.

Weiter bemühte sich Ballmer darum, den Blick der Investoren auf andere, für Microsoft wichtige Geschäftsbereiche zu lenken: Neben dem Desktop seien es Server- und Unternehmenssoftware, Internet sowie Unterhaltungselektronik und -Software. Für die Veranschaulichung der gewählten Strategie zog Ballmer die Entwicklung von IBM heran. Es wäre nach Ballmers Meinung für den IT-Konzern besser gewesen, am Geschäft mit Routern, Speichern und PC festzuhalten. Microsoft habe nun die Möglichkeit, auf Bewährtes wie Windows und die Office-Software aufzubauen und langfristig auf weitere Geschäftsmodelle zu setzen.

Hierfür hatte Microsoft voriges Jahr seine Investitionen hochgeschraubt, wofür das Unternehmen von den Analysten äußerst kritisch beäugt wurde und Ballmer im Mai zu Rechtfertigungen ausholen musste. Seinerzeit kündigte er an, dass sein Unternehmen die operativen Ausgaben nur gemäßigt anheben werde. Daran knüpfte Ballmer nun an und erläuterte, im laufenden Geschäftsjahr würden die operativen Kosten rund 2,7 Milliarden US-Dollar wachsen und vermutlich ebenso im kommenden. (anw)