Tee vereitelt Dopingnachweis
Offenbar lässt sich Testosteron-Doping durch grünen Tee kaschieren. Bluttests könnten die Manipulationen nachweisen, doch die Analysen werden zu selten durchgeführt. Das muss sich ändern.
- Veronika Szentpetery-Kessler
Sollte es wirklich so einfach sein? Wer vorhat, sich mit dem Hormon Testosteron zu dopen, braucht möglicherweise nur grünen oder weißen Tee zu trinken und schon ist die verräterische Spur im Urin maskiert. Das legen Ergebnisse von britischen Forschern nahe, die sie kürzlich im Fachjournal „Steroids“ veröffentlicht haben. Warum aber wird dieser einfach durchzuführende Schummeltipp nun auch noch veröffentlicht? Unter anderem, weil es keine Rolle spielt. Aber der Reihe nach.
Bisher spüren Dopingfahnder Athleten, die sich wie Floyd Landis mit zusätzlichem Testosteron fitmachen, durch Urinproben auf. Darin finden sich das Hormon und eine inaktive Form namens Epitestosteron normalerweise in einem bestimmten Verhältnis. Weil sich beim Testosteron-Doping der Epitestosteron-Anteil nicht verändert, der Testosteron-Anteil aber erhöht wird, gilt ein uncharakteristisches Verhältnis als Hinweis auf Doping. Klarheit müssen dann noch weitere Tests bringen. Landis, der inzwischen entthronte Tour-de-France-Gewinner von 2006 wurde auf diese Weise überführt.
Die Urinanalyse lässt sich aber offenbar durch grünen und weißen Tee aushebeln: Bestimmte Bestandteile der Getränke hemmen ein Enzym im Körper, das für das Ausscheiden von Testoseron im Urin sorgt. Natürlich haben Sportler auch bisher schon versucht, Testosteron-Doping zu kaschieren. Dafür brauchten sie allerdings entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen und Diclofenac – beide hemmen dasselbe Enzym wie die Tees.
Nun ist der erste Nachweis da, dass auch ein überall problemlos erhältliches Lebensmittel dazu imstande ist. Das heißt nicht, dass Testosteron-Doping unentdeckt bleiben muss. Denn die erhöhten Werte sind im Blut nachweisbar. Bisher können sich die meisten Sportler allerdings darauf verlassen, dass die aufwendigeren und teureren Blutuntersuchungen, die zudem auch invasiv sind, nicht oft genug durchgeführt werden.
Die Welt-Antidoping-Agentur WADA wirbt seit Jahren für den sogenannten „biologischen Pass“ – einem elektronischen Verzeichnis, in das nach jedem Dopingtest charakteristische Blutwerte der Athleten eingetragen werden sollen: denn erstens lassen sich bestimmte Manipulationen nur im Blut nachweisen, zweitens können damit Abweichungen vom Normalwert leichter entdeckt werden. Dafür sei aber notwendig, so klagte WADA-Präsident John Fahey kürzlich gegenüber Bloomberg News, dass mindestens 15 bis 20 Prozent aller Dopingproben als Blutproben erhoben werden. Offiziell wäre der Verband schon zufrieden, wenn die Zehn-Prozent-Marke erreicht würde – daran kratzt bislang ausgerechnet nur der viel gescholtene Radsport.
Es führt kein Weg daran vorbei: Wenn man es mit der Dopingbekämpfung ernst meint, muss der biologische Pass inklusive Bluttests statt Urinproben vorgeschrieben werden (und ein Weg gefunden werden, das zu finanzieren). Was nebenbei bemerkt den zusätzlichen Vorteil hätte, dass die Probenentnahmen unter Aufsicht und nicht wie bei der Urinabgabe im Verborgenen stattfindet können. Möglicherweise braucht es neue Testverfahren, um statt der großen Blutabnahme mit kleinen Blutmengen auszukommen, wie sie bei den Ohrpunktionen zur Lactatuntersuchung schon Gang und Gebe sind. Das sollte allerdings in Zeiten von einfachen Tests für die dritte Welt, die zum Teil auch keine Kühlung mehr brauchen, machbar sein.Oder man muss sich überspitzt gesagt entscheiden, ob man das Doping nicht generell zulässt, nach dem Motto, dann sollen es aber auch alle dürfen. Die Frage ist nur, wollen wir dem Nachwuchs wirklich dieses Beispiel vorleben? (vsz)