Kriegsspiel soll gegen Kriegstrauma helfen

US-Forscher wollen Kriegsveteranen, die an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) leiden, durch Konfrontationstherapie in einem virtuellen Irak heilen.

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Von
  • Peter König

Der amerikanische Psychologe Albert Rizzo will traumatisierte Soldaten mit einer Art Computerspiel therapieren: Es versetzt sie in einen virtuellen Irak. Nach einer Studie des Walter Reed Army Institute of Research aus dem Jahr 2004 leidet nahezu jeder achte US-Soldat nach seiner Rückkehr aus dem Irak oder aus Afghanistan an einer post-traumatischen Belastungsstörung (PTSD, Post-Traumatic Stress Disorder). Normalerweise versuchen Ärzte diese Störung durch Antidepressiva und eine Psychotherapie zu heilen, in deren Verlauf sich die Patienten die schrecklichen Situationen, denen sie ausgesetzt waren, in ihrer Vorstellung vergegenwärtigen sollen.

"Das Problem ist, dass eines der Symptome von PTSD ist, Schlüsselreize und Erinnerungen an das Ereignis des seelischen Schocks zu vermeiden", erklärte Rizzo, Psychologe an der University of Southern California, gegenüber der BBC. Bei der jährlichen Tagung der American Association for the Advancement of Science (AAAS) in San Francisco stellte Rizzo seinen Ansatz vor: Er setzt auf Konfrontationstherapie. Dabei hilft ihm ein virtueller Irak – erzeugt auf Basis des kommerziellen Kriegsspiels "Full Spectrum Warrior".

Zur Therapie konfrontiert Rizzos Truppe den Patienten in der Welt des Kriegsspiels noch einmal mit der Situation seiner traumatischen Erfahrung. Eine geschlossene Videobrille versetzt ihn in eine dreidimensionale Umgebung von üblicher Videospiel-Qualität, die einer typischen Straßenszene oder der Wüste im Irak nachempfunden ist. Die passenden Umgebungsgeräusche kommen aus Lautsprechern, für zusätzlichen Realismus sorgt der künstliche Geruch von Diesel, Pulverqualm, brennendem Gummi oder Schweiß; Subwoofer lassen den Stuhl des Patienten bei Explosionen erzittern. Ein Therapeut führt in das Szenario nach und nach Elemente ein, die mit den traumatischen Erfahrungen des Patienten zu tun haben. Die Palette reicht von spielenden Kindern über Sandstürme bis hin zu plötzlichen Explosionen. Über ein so genanntes "Wizard of Oz"-Interface kann der Therapeut das Szenario in Echtzeit steuern, direkt verändern und damit unmittelbar auf den Patienten reagieren. Dabei fange man bei einem minimalen Angstniveau an und steigere es allmählich, erläuterte Rizzo sein Konzept.

Rizzos Forschungsprojekt wird durch das US Office of Naval Research (ONR) gefördert. Sein Verfahren wurde bisher in klinischen Studien an zehn Orten in den USA erprobt. Die Behandlung haben bisher allerdings erst vier Patienten abgeschlossen, andere hätten die Therapie nach ein oder zwei Sitzungen abgebrochen. Rizzo zeigt sich dennoch optimistisch und bezeichnet laut BBC die ersten Ergebnisse als "ermutigend": "Direkt nach der Behandlung sehen wir Fortschritte", sagte der Psychologe. Der "virtuelle Irak" helfe insbesondere gegen Alpträume und Flashbacks – und mache die Patienten wieder fit für ein normales Arbeits- und Privatleben. (pek)