Britische Politiker fordern von Google Selbstzensur

Ein parlamentarisches Komitee in Großbritannien will einstweilige Verfügungen zum Schutz der Privatsphäre besser durchsetzen lassen. Dazu sollen Online-Dienste wie Google die eigenen Angebote auch zensieren.

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Ein parlamentarisches Komitee in Großbritannien fordert die Regierung auf, eine mögliche neue Gesetzgebung zu prüfen, die unter anderem Google dazu zwingen würde, zum Schutz der Privatsphäre Suchergebnisse zu zensieren. Das parteiübergreifende Organ von Mitgliedern aus dem Unter- und Oberhaus war im Mai 2011 eingerichtet worden. Es sollte über Maßnahmen beraten, mit denen die Regeln zu einstweiligen Verfügungen zum Privatsphäreschutz angepasst werden können.

Im Frühjahr 2011 hatte eine Reihe von Klatschgeschichten auf der Insel für Aufsehen gesorgt, deren Verbreitung durch einstweilige Verfügungen verboten worden waren. Über Internetmedien wie Twitter waren sie aber trotzdem einer breiten Masse zugänglich.

Das Komitee kommt zu dem Schluss, das derzeit praktizierte Verfahren zur Abwägung des Rechts auf freie Meinungsäußerung mit dem auf den Schutz der Privatsphäre stelle den besten Mechanismus dar. Problematisch sei jedoch die Durchsetzung. So erkennt das Komitee das Wachstum des Internets und von sozialen Netzwerken als eine positive Entwicklung für die freie Meinungsäußerung zwar an, erklärt aber auch, dass die neuen Medien deswegen nicht abseits des Gesetzes stehen. Einstweilige Verfügungen zum Schutz der Privatsphäre müssten in allen Medien durchsetzbar sein.

Große Unternehmen wie Google sollten praktische Schritte unternehmen müssen, um den Bruch von solchen Verfügungen zu verhindern. Ansonsten müssten sie gesetzlich dazu gezwungen werden. Google müsste dann automatisch die Suchergebnisse überwachen und Material, dessen Verbreitung durch eine einstweilige Verfügung untersagt ist, daraus löschen. So würde verhindert werden, dass ein Antragssteller für jede neu auftauchende Seite, die die einstweilige Verfügung verletzt, eine gerichtliche Anordnung braucht, damit sie aus der Liste der Suchergebnisse entfernt wird.

Weiterhin wird der der Generalstaatsanwalt aufgefordert, bereitwilliger seine Befugnisse einzusetzen, um den Verstoß gegen einstweilige Verfügungen im Internet zu verfolgen. So gebe beispielsweise Twitter die Account-Informationen seiner Nutzer heraus, wenn eine gerichtliche Verfügung vorliegt. Damit würden auch Präzedenzfälle geschaffen, um künftig vor einer solchen Weiterverbreitung abzuschrecken.

Um gleichzeitig aber auch die Gefahr eines Lecks zu minimieren, schlägt das Komitee praktische Maßnahmen vor. Dazu sollte die Zahl der Personen, die das beanstandete Material kennen, so gering wie möglich gehalten werden. Dazu sollten in Medienhäusern nur die Mitarbeiter über eine einstweilige Verfügung informiert werden, die auch berechtigt sind, zu veröffentlichen. Eine aktuelle Liste dieser Mitarbeiter solle aufbewahrt und dem Gericht auf Anfrage hin ausgehändigt werden. So sollen Lecks im Nachhinein aufgespürt werden können.

Als wichtigsten Schritt für einen verbesserten Schutz der Privatsphäre plädiert das Komitee aber für die Einrichtung einer neuen Medien-Regulierungsbehörde. Diese solle nicht nur für alle großen Nachrichtenmedien zuständig sein, sondern mit der Zeit auch für wichtige Blogger. Sie soll der Kommission für Pressebeschwerden (PCC) nachfolgen, da diese weder die Macht noch die Unabhängigkeit habe, um wirklich erfolgreich zu sein. Die neue Behörde sollte mehr Sanktionsmöglichkeiten haben und für die Beschwerdeführer kostenlos sein. Außerdem sollte sie festlegen dürfen, wo, wann und in welchem Umfang eine Entschuldigung veröffentlicht wird und insgesamt eine größere Rolle bei der Schlichtung von Konflikten über die Privatsphäre spielen. (mho)