WSIS: Tunesien protestiert gegen Schweizer Kritik

Die kritischen Äußerungen des Schweizer Bundespräsidenten Samuel Schmid und ein Interview des Schweizer Bundesrates Moritz Leuenberger haben ein Nachspiel.

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Von
  • Monika Ermert

Die kritischen Äußerungen des Schweizer Bundespräsidenten Samuel Schmid und ein Interview des Schweizer Bundesrates Moritz Leuenberger anlässlich des zweiten Weltgipfels der Informationsgesellschaft haben ein Nachspiel. Mehrere tunesische Journalisten störten die offizielle Schweizer Pressekonferenz und beschuldigten Leuenberger und Schmid lautstark, sie würde moralische Lektionen erteilen anstatt bei sich zu Hause über den Missbrauch des Bankgeheimnisses nachzudenken. Leuenberger berichtete auch von einem offiziellen Protest des tunesischen Botschafters in der Schweiz.

Leuenberger, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), reagierte gelassen: "Ich bin auch nicht dafür, dass wir bei jedem Land aufstehen und sagen, was man verbessern könnte. Aber da geht es um fundamentale Sachen, um die Einhaltung der Menschenrechte." Man habe im übrigen deutlich auch immer alle Länder genannt, in denen Menschenrechtsverletzungen gibt und sich keineswegs auf Tunesien konzentriert. Schmid hatte in der Eröffnungsrede gegenüber dem tunesischen Präsidenten Ben Ali die Einhaltung der Meinungsfreiheit als eine Vorbedingung für den Erfolg des Gipfels genannt. "Wir haben unsere Meinung gesagt, schließlich hat dieser Gipfel diese Meinungsäußerung auch zum Gegenstand und es wäre ein Verrat an der Grundidee des Gipfels, wenn wir etwas ausblenden würden."

Leuenberger sagte gegenüber Schweizer Journalisten von Swiss.Info, dass eine Ausfilterung von deren Webseiten ebenfalls eine klare Verletzung der Meinungsfreiheit darstellen würde. "Dagegen würde ich auch protestieren." Im Netz des Konferenzzentrums Kram installierten Netz werden laut Beobachtung der Nichtregierungsorganisationen offensichtlich verschiedene Seiten gefiltert, der Zugang vom riesigen Medienzentrum der Konferenz aus funktioniert dagegen ohne Probleme.

Leuenberger bedauerte nach der angeheizten Stimmung während seiner Pressekonferenz gleichzeitig, dass man bald nur noch über das Thema Menschenrechte rede und die anderen Themen des aus seiner Sicht zufriedenstellenden Gipfels dadurch in den Hintergrund gedrängt würden. "Wir sind auch nicht hierher gekommen, um nur über diese Probleme zu sprechen. Aber sagen muss man das schon."

Die Episode mit Leuenberger ist nicht der einzige weitere Zwischenfall. Laut einem dpa-Bericht wurde der Generalsekretär der Organisation Reporter ohne Grenzen, Robert Ménard, an der Einreise nach Tunesien gehindert. Als Grund wurde angeführt, dass er nicht beim Gipfel akkreditiert sei. Das Pariser Außenministerium bedauerte es, dass "keine Lösung" für eine Einreise Ménards gefunden worden sei.

Zum zweiten UN-Weltgipfel siehe auch:

Zu den Ergebnissen des 1. WSIS siehe auch:

(Monika Ermert) / (anw)