Führende Patentämter arbeiten an Globalisierung der Patentpraxis

Auf einem trilateralen Gipfeltreffen steckten die Chefs der Patentämter Europas, Japans und der USA den Kurs zur weiteren Harmonisierung des Patentsystems ab, gegen den Softwarepatentgegner lautstark protestieren.

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Die Chefs der Patentämter Europas, Japans und der USA haben im Lauf dieser Woche an ihren Pläne zur weiteren Harmonisierung des globalen Patentsystems gestrickt. Auf einem "trilateralen Treffen" beim Europäischen Patentamt (EPA) in München, das am gestrigen Donnerstag in einer öffentlichen Konferenz mit Wirtschaftsvertretern zu diesem Thema gipfelte, drehte sich in dieser Woche alles um die Suche nach einem gemeinsamen Fahrplan zur Ausdehnung und Internationalisierung der Praktiken und Verfahrensweisen der drei führenden weltweiten Behörden zum Schutz des geistigen Eigentums.

Insbesondere ging es den Führungsspitzen des Patentwesens darum, ihre Arbeitsmethoden unter der Berücksichtigung der jeweiligen nationalen rechtlichen Einschränkungen einander anzupassen und effizienter zu gestalten. Eines ihrer Hauptziele ist es, einerseits den kaum nachlassenden Ansturm auf die Erteilung von Schutzansprüchen gerade im Bereich Hightech zu bewältigen, andererseits jedoch auch die Qualität der Patentprüfung zu verbessern. Als Stichworte zur Bewältigung dieser Herausforderungen nannten die Patentamtschefs unter anderem die Vereinheitlichung der Dokumentenstruktur von Patentanträgen und -erteilungen, welche die Automatisierung und Beschleunigung von Prozessen in der Patentbürokratie ermöglichen soll. Auch die Einrichtung einer "Neuheitsschonfrist" stand zur Diskussion. Sie soll es vor allem Forschern ermöglichen, nach einer Eigenpublikation einer Erfindung noch über einen gewissen Zeitraum hinweg ein Patent darauf anzumelden.

Keine Rolle spielten bei den trilateralen Absprachen Überlegungen, der Patentflut durch strengere Regeln bei der Patenterteilung oder gar der Beschränkung der patentfähigen Erfindungen etwa durch den Ausschluss von computergestützten Geschäftsmethoden oder von Software in den USA Herr zu werden. Jon Dudas, Direktor des US-Patentamtes, buchte das rekordverdächtige Wachstum des Ausstoßes seiner Behörde als großen Erfolg ab. Sein Amt gewährte mit rund 7000 Mitarbeitern im vergangenen Jahr 173.000 Patente – mehr als zuvor in den 40 Jahren seiner Existenz insgesamt. Dudas wies auf die Einstellung jeweils 1000 neuer Prüfern in den vergangenen beiden Jahren und die Einführung neuer Schulungsmethoden hin.

Makoto Nakajima, Kommissionsmitglied des Japanischen Patentamtes, sprach sich am offensten für eine Globalstrategie aus. Er machte einen Vorschlag zur leichteren Einreichung und Bearbeitung internationaler Patente. Noch dürfte dabei aber viel Zukunftsmusik mitschwingen, da sich bisher noch nicht einmal die EU-Mitgliedsstaaten auf die Regeln für ein Gemeinschaftspatent einigen konnten. Japan selbst hat sich laut Nakajima 2002 zur "Nation des geistigen Eigentums" erklärt und Projekte wie die schnellere Umsetzung von Patentanträgen oder die Auslagerung der Suche nach bereits dokumentierten Vorentwicklungen zu einer Erfindung auf den Weg gebracht.

Die meisten bei der Konferenz anwesenden Industrievertreter aus Europa und Japan stützten den Kurs der Patentamtschefs und forderten Vereinfachungen in der Prozedur zur Erlangung der staatlich gewährten Monopolansprüche. Die "Harmonisierung" des Patentsystems bezeichneten viele als unausweichlich, wobei sie etwa auch auf eine Senkung der Kosten für die Patenterteilung drängten. Ein deutscher Teilnehmer zeigte sich unzufrieden mit dem Aus für die Softwarepatent-Richtlinie in der EU und gab an, dass auch der Mittelstand hierzulande Interesse an einem "liberaleren" Patentsystem in diesem Bereich ähnlich wie in den USA habe.

Allein Abgesandte von US-Wirtschaftsverbänden sprachen auch die negativen Folgen des gegenwärtigen Patentsystems und des Durchschlüpfens wenig fundierter Anträge an. Sie warnten etwa vor "Patent-Trollen", die ohne eigene erfinderische Leistung ein Geschäft aus dem Einklagen von Lizenzen machen würden, und beklagten die hohen Kosten von Patent-Prozessen. Das Interesse der Öffentlichkeit dürfe nicht aus den Augen verloren werden, betonte Jeffrey Hawley, Präsident der Vereinigung der US-Patentanwälte AIPLA. Sein Kollege von der Intellectual Property Owners Association (IPO) führte ferner die Software-Industrie als Beispiel für eine Branche an, in der Patente verstärkt als "Ärgernis" gesehen würden.

Scharfe Kritik an der Linie der drei großen Patentämter kommt derweil vom Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII). "Es wird immer fragwürdiger, inwieweit ein System, das Innovationen mit schriftlich fixierten Monopolansprüchen einzäunt, in einer Weltwirtschaft der heutigen Größe überhaupt noch handhabbar, geschweige denn sinnvoll ist", erklärt dessen Vorstand Hartmut Pilch. Die Führungsriege des "geistigen Eigentums" interessiere sich sichtlich nur dafür, die Welt "noch effizienter, systematischer und flächendeckender mit breiten Monopolansprüchen zu überziehen". Dies würde zwangsläufig mit schwerfälligen und teuren Prozeduren einhergehen, "egal wie oft man an den immer gleichen Reformschrauben dreht". Pilch erinnerte daran, dass das Trilaterale Projekt schon 2002 die Textbausteine für die zunächst gescheiterte Softwarepatentrichtlinie geliefert habe. Derzeit versuche man offenbar, "ohne expliziten Gesetzgebungsakt die Regeln durchzusetzen, auf die sich die drei großen Patentämter damals geeinigt haben."

Zu den Auseinandersetzungen um Softwarepatente siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

(Stefan Krempl) / (jk)