Zwiespältige Reaktionen auf BKA-Projekt Foto-Fahndung

Während der Bitkom die wirtschaftliche Bedeutung der Technik zur Gesichtserkennung unterstreicht, warnt der Bundesdatenschützer Peter Schaar vor dem Einsatz der unausgereiften Technik. Experten für 3D-Erkennung dämpfen die Hoffnungen des BKA.

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Von
  • Detlef Borchers

Die Einschätzung des Bundeskriminalamtes (BKA), dass die biometrisch gestützte Foto-Fahndung für polizeiliche Fahndungszwecke ungeeignet ist, hat zu unterschiedlichen Reaktionen geführt. Das Bundeskriminalamt hatte am gestrigen Mittwoch in Wiesbaden die ziemlich ernüchternden Forschungsergebnisse zum Projekt Foto-Fahndung vorgestellt: Beim derzeitigen Stand der Technik kann das System nicht eingesetzt werden. Hoffnung setzen die Kriminalforscher auf 3D-Erkennungssysteme, deren Entwicklung jedoch noch am Anfang steht. Der IT-Branchenverband Bitkom unterstreicht daraufhin die wirtschaftliche Bedeutung der Technik. Der Bundesdatenschützer Peter Schaar warnt dagegen vor dem Einsatz der unausgereiften Technik. Unterdessen werden auf der BIOSIG 2007 die Fortschritte in der 3D-Gesichtserkennung diskutiert, auf der die Hoffnungen der BKA-Kriminologen beruhen.

In seiner Stellungnahme zum Abschlussbericht (PDF-Datei) des BKA betonte Bundesdatenschützer Peter Schaar, das die Technik der biometrischen Gesichtserkennung keinesfalls zu einer Totalüberwachung führen dürfe, selbst dann, wenn diese Technik ausgereift sei. "Besonders kritisch sind Falscherkennungen, die bei einem echten Einsatz unverdächtige Bürger zunächst einem Anfangsverdacht aussetzen, Rechtfertigungszwänge auslösen und weitere Überprüfungen notwendig machen würden", erklärte Schaar. Damit würde ein allgemeines Überwachungsklima erzeugt, dass das Verhalten der Bürger beeinflusst. Schaar erhob auch die Forderung, dass die Aufnahmen von Überwachungskameras nicht mit den digitalisierten Passfotos verknüpft werden dürfen, die in den Pass- und Personalausweisregistern gespeichert werden.

Der IT-Bundesverband Bitkom veröffentlichte eine Stellungnahme, die die wirtschaftliche Bedeutung der automatischen Gesichtserkennung herausstreicht. Der Umsatz auf diesem Biometrie-Markt soll dem Bitkom zufolge von heute 120 Millionen auf 300 Millionen Euro im Jahre 2010 steigen. Der Anteil der Gesichtserkennung soll dabei auf etwa 30 Prozent steigen. Diese Technik soll besonders im Bankenbereich verstärkt eingesetzt werden, heißt es beim Bitkom, der nicht direkt auf den Einsatz der automatischen Gesichtserkennung zu Fahndungszwecken eingeht, aber davon redet, das BKA habe "in einem Pilotprojekt im Mainzer Hauptbahnhof in den vergangenen Monaten erfolgreich getestet, ob Einzelpersonen mit Hilfe biometrischer Daten in Menschenmengen erkannt werden können".

Dabei zeigte sich auf der Veranstaltung des Darmstädter CAST-Forums über Biometrie und eCards, die von der Fachgruppe Biosig der Gesellschaft für Informatik und dem EU-Projekt 3D Face veranstaltet wird, dass das grundsätzliche Problem einer automatisierten Fahndung mit Hilfe biometrischer Technologien auch in der dritten Dimension nicht gelöst werden. Um eine wirklich erkennungssichere, im Alltag einsetzbare 3D-Technologie zu haben, benötigt es Systeme, die in der Lage sind, in unterschiedliche Licht- und Wettersituationen zu arbeiten, betonte Ludwig Turba, bei den Berliner Flughäfen für die Zugangskontrolle zuständig. Seine Behörde bereitet einen Testlauf vor, bei dem 400 Angestellte der Flughäfen mit ID-Karten ausgerüstet werden, auf denen 3D-Gesichtsdaten gespeichert sind. Der Testlauf soll die Möglichkeiten der Zugangstechnik ausloten, die auf dem im Bau befindlichen Flughafen Berlin-Brandenburg eingesetzt werden können, wenn er 2011 eröffnet wird.

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(Detlef Borchers) / (jk)