Auswärtiges Amt spart im IT-Bereich kräftig dank Open Source

Das Außenministerium ist bei den IT-Kosten das mit Abstand günstigste Bundesressort, nachdem es seine Auslandsvertretungen mit freier Software vernetzt hat und nun auch Laptops auf Linux und OpenOffice migriert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 750 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Das Auswärtige Amt konnte mit einer konsequenten Open-Source-Ausrichtung seine Ausgaben für Informationstechnik in den vergangenen fünf Jahren deutlich reduzieren. "Wir haben seit Januar 2002 die Strategie, Open Source überall einzusetzen, wo dies sinnvoll ist", erklärte der für die IT-Ausrichtung des Außenministeriums zuständige Leiter, Rolf Schuster, gegenüber heise online. Inzwischen laufe allein auf den stationären Desktops noch Windows, während die Devise laute, "praktisch nur noch freie Software einzusetzen". Ziel sei es, Lizenzkosten zu sparen und die von Microsoft diktierten Update-Zyklen nicht mehr mitzumachen. Das bisherige Ergebnis kann sich sehen lassen. Seit der Umpositionierung ist das Auswärtige Amt Schuster zufolge "das mit Abstand günstigste Ministerium im Bund bei den IT-Kosten".

2005 lagen die IT-Ausgaben der Diplomatenhochburg pro Kopf im Jahr bei nur 1190 Euro. Andere Ministerien haben laut Schuster dafür mindestens das Doppelte und teilweise bis 5000 Euro, der Bundesrechnungshof immer noch 2700 Euro ausgegeben. Dabei arbeite das Auswärtige Amt "unter erschwerten Bedingungen". 80 Prozent der betreuten Rechner stünden im Ausland, wo schon einmal der eine oder andere Sandsturm über die Botschaften hinwegfege und die PCs oft bereits nach drei Jahren nicht mehr zu gebrauchen seien. Die enormen Unterschiede bei den Kosten, ist sich Schuster sicher, "haben mit Open Source zu tun". Wichtig sei es nun, dass zumindest die Einhaltung offener Standards für die gesamte Bundesverwaltung verpflichtend werde.

Die Erfolgsgeschichte von Linux im Auswärtigen Amt startete mit dem Ende 2001 begonnen Anschluss von inzwischen 230 Auslandsvertretungen an ein hochsicheres diplomatisches Intranet. "Das war als 100-Millionen-Projekt angesetzt, aber bekommen haben wir nur 17 Millionen Euro", erinnert sich Schuster. Also musste an allen Ecken und Enden gespart werden. Die gewählte Vernetzungslösung basiert so ausschließlich auf Open-Source-Techniken. Die Grundlage bilden Linux-Server sowie so genannte SINA-Boxen der Firma Secunet. Diese ebenfalls gemeinsam mit dem vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entwickelte "Sichere IntraNetwork Architektur" sorgt für die gemäß höchsten Geheimhaltungsstufen zertifizierte Verschlüsselung des gesamten Datenverkehrs im Intranet des Auswärtigen Amtes. Zusätzlich ist in jeder Botschaft ein Linux-Router installiert, der die je nach örtlichen Gegebenheiten verfügbaren Fernverbindungen ausfallsicher bündelt.

Darüber hinaus hält Linux auch verstärkt auf mobilen Rechnern der Diplomaten Einzug. "300 bis 400 entsprechende Laptops sind bereits im Umlauf", freut sich der IT-Stratege des Außenministeriums. Als Basis komme die Debian-Distribution zum Einsatz, wobei die SINA-adäquate Kryptographie dieses Mal über ein Verschlüsselungsgerät mit einem USB-Smartcard-Token erfolgt. An Verbindungstechniken werden GPRS, UMTS, WLAN und LAN-Anschlüsse unterstützt, bei den auf Ministerreisen verwendeten Geräten zudem tragbare Satellitenkommunikation. Dazu kommt OpenOffice für die Textverarbeitung. "In einer virtuellen Maschine haben wir für den Notfall Windows noch mit drin, aber nur mit gekappten Netzverbindungen", erläutert Schuster das Konzept. Dies sei nötig, da bei manchen, 200 oder 300 Seiten umfassenden Regierungsdokumenten im DOC-Format in OpenOffice nicht alle Seitenumbrüche korrekt abgebildet würden und dies im diplomatischen Alltagsgeschäft zu Problemen führen könnte.

Ansonsten vermisst Schuster die Microsoft-Welt nicht. Bei Vista etwa kenne er keine maßgebliche Funktion, "die wir benötigen". Und die umfassenden Möglichkeiten des neuen Microsoft Office nutze eh keiner. Die Redmonder würden zwar in der Verwaltung weiter Lobbying in eigener Sache betreiben. "Aber wir müssen im Interesse des Steuerzahlers handeln", hält der IT-Experte den Bemühungen entgegen. Die Mitarbeiter selbst kommen mit der Umstellung bislang schier im Handumdrehen zurecht. Schulungen für den Umgang mit den neuen Applikationen auf den Notebooks hätten sich nicht als erforderlich erwiesen, konstatiert Schuster. Eine zwanzigminütige Einweisung reiche in der Regel völlig aus.

Generell nutzen inzwischen viele Ministerien und ihre nachgeordneten Behörden Open Source in der ein oder anderen Form. Das Bundeswirtschaftsministerium etwa hat Firefox als Browser auserkoren, während das BSI auf allen Arbeitsplätzen auch OpenOffice installiert hat. Als größte Vorteile freier Software gelten bei der "Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung" (KBSt), die im Bundesinnenministerium den Bereich Open Source und IT-Standards ressortübergreifend betreut, die Stabilität der Applikationen, die große Entwicklergemeinde, der Wegfall von Lizenzkosten, die Möglichkeit, Sicherheitslücken notfalls selbst zu schließen, und der langfristige Zugriff auf den Quellcode. (Stefan Krempl) / (jk)