Datenschützer kritisiert Anti-Terror-Datei

Der hessische Datenschutzbeauftragte meinte, die Anti-Terror-Datei enthalte verfassungsrechtliche Risiken. Besonders die Übermittlung von Erkenntnissen zwischen Polizei und Nachrichtendiensten sei nicht klar geregelt.

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Von
  • Detlef Borchers

Der 1. März gilt als Stichtag für die schrittweise Einführung der Anti-Terror-Datei, die von Bund und Ländern im Dezember beschlossen wurde. Zur Vorstellung seines Jahresberichtes hat der hessische Datenschutzbeauftrage Michael Ronnellenfitsch die Datei noch einmal als eine problematische Datensammlung bezeichnet, weil sie verfassungsrechtliche Risiken enthalte. Besonders die Übermittlung von Erkenntnissen zwischen Polizei und Nachrichtendiensten sei nicht klar geregelt, sondern nur andeutungsweise ausgeführt. Das widerspreche dem Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten. "Anforderungen an eine normenklare Datenverarbeitungsregelung sehen anders aus", heißt es zu dem nach Ablauf der Sperrfrist nun veröffentlichten Jahresbericht.

Weiter heißt es kritisch zur Schnellzugriffsregelung bei Gefahr im Verzuge: "Auch die Möglichkeit, ohne Ersuchen an eine andere Sicherheitsbehörde unmittelbar auf deren Daten zugreifen zu können, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für hochrangige Rechtsgüter erforderlich erscheint und eine Datenübermittlung nicht rechtzeitig erfolgen kann, ist ebenfalls eine neue Übermittlungsbefugnis, die aus Sicht des hessischen Datenschutzbeauftragten ein nicht unerhebliches Gefährdungspotenzial darstellt, da nur im Nachhinein festgestellt werden kann, ob tatsächlich die Voraussetzungen für eine zusätzliche Datenübermittlung vorlagen." Neben der Kritik an der Anti-Terror-Datei betont der Datenschutzbeauftragte, dass die hessische Regelung zur Rasterfahndung überprüft werden müsse, weil beim Einsatz dieser Fahndungstechnik die "Schwelle einer hinreichend konkreten Gefahr für bedrohte hochrangige Verfassungsgüter" definiert sein müsse. Dies habe das Bundesverfassungsgericht im Fall des entsprechenden Gesetzes in Nordrhein-Westfalen bemängelt, das daraufhin geändert wurde.

Zu den konkreten vom Verfassungsschützer im Jahr 2006 beanstandeten Verstößen zählt der Jahresbericht die Datenspeicherung von WM-Besuchern über den Abschluss der Fußballweltmeisterschaft hinaus. Für diese Langzeitspeicherung habe kein Anlass bestanden. Die Besucherdaten mussten ebenso gelöscht werden wie die Daten einer Kopflausbefall-Datenbank für Kinderbetreuungseinrichtungen. Bei dieser Datenspeicherung fehlte eine Regelung darüber, wie lange die Daten gespeichert werden. Kritisiert wurde das Verfahren der Direktbank-Tochter einer hessischen Sparkasse, die alle Kundengespräche mitschnitt und über sechs Monate speicherte. Schließlich erreichte der Datenschützer die Abschaltung einer Kamera im Fuldaer Stadtschloss, die installiert wurde, um Papiervorlagen auf eine Leinwand zu projizieren. Diese Beamer-Technik sei niemals genutzt worden, doch die Kamera habe sich munter weiterbewegt und den Eindruck einer Überwachung erweckt. Auch eine inaktive Kamera sei geeignet, menschliches Verhalten zu beeinflussen, betonte der Datenschützer Ronellenfitsch.

Zum Start der Anti-Terror-Datei stellt c't-Hintergrund die Informationen zusammen, die bisher über die Anti-Terror-Datei verfügbar sind:

(Detlef Borchers) / (jk)