Politische Debatte nach dem Terroralarm

Während CDU und SPD die Ereignisse in Großbritannien zum Anlass nehmen wollen, möglichst rasch die geplante Anti-Terror-Datei zu realisieren, warnt die Opposition vor übereilten Maßnahmen.

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Von
  • Detlef Borchers

In Deutschland hat eine politische Debatte eingesetzt, wie auf die Ereignisse in Großbritannien reagiert werden soll. Dort hat Scotland Yard eine Gruppe von 24 britischen Staatsbürgern verhaftet, denen vorgeworfen wird, mit flüssigen Sprengstoffen zum Jahrestag des "11. September" eine Reihe von US-Passagiermaschinen zum Absturz bringen zu wollen. Von 19 Verhafteten sind inzwischen Details bekannt geworden, nachdem die Polizei ihre Konten sperren lies: Nach einem Gesetz zur Bekämpfung finanzieller Unterstützung des Terrors musste die Bank of England Namen und Wohnort der Verdächtigen veröffentlichen. Der überwiegende Teil der verdächtigen Männer im Alter zwischen 17 und 35 Jahren stammt aus London, daneben sind Birmingham und High Wycombe genannt. Nach fünf Verdächtigen wird noch gefahndet. Unter ihnen soll mit dem 29-jährigen Matiur Rehman der Organisator der Anschlagswelle sein, die zum 11. September stattfinden sollte.

Um die schnelle Verfügbarkeit von Daten geht es dem innenpolitischen Experten der Union, Wolfgang Bosbach. Er forderte, möglichst rasch die geplante Anti-Terror-Datei zu realisieren, die die Datenbestände von Polizei- und Geheimdiensten zusammenführen soll. Gegenüber der Frankfurter Rundschau erklärte Bosbach, die Vorgänge in London zeigten, "dass wir das Gleichgewicht von Prävention und Datenschutz, das wir zur Zeit haben, nicht zu Lasten der Sicherheit verschieben dürfen." Auch SPD-Fraktionschef Peter Struck ist dieser Ansicht. In einem morgen erscheinenden Interview mit dem Berliner Tagesspiegel erklärte Struck, dass man ernsthaft über die Anti-Terror-Datei nachdenken müsse. Eine Absage erteilte Struck dem Vorschlag von CSU-Innenpolitiker Hartmut Koschyk, der schnellstmöglich gesetzliche Grundlagen für den Einsatz der Bundeswehr im Innern gefordert hatte. Gegenüber der Financial Times Deutschland forderte Koschyk zudem eine rigidere Einbürgerungspolitik. "Es gibt Extremisten, die bewusst den Schutz der deutschen Staatsbürgerschaft suchen", erklärte der CSU-Politiker.

Gegen übereilte Maßnahmen wandte sich Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Sie wertete die Vereitelung des Anschlags als Beweis dafür, dass das bestehende Sicherheitsnetz funktioniert. Für die Linkspartei erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Petra Pau, man solle den Aktionismus lassen und lieber Naheliegendes tun. Dazu gehöre eine Neueinschätzung der Anti-Terror-Gesetze: "Die existierenden Anti-Terror-Gesetze sollten auf ihre Wirksamkeit überprüft und entschlackt werden", erklärte Pau, die im Innenausschuss des Deutschen Bundestages sitzt. Auch die Grünen mahnen in einer Erklärung zur "Besonnenheit im Antiterrorkampf". Bei den geplanten Maßnahmen dürften die Bürgerrechte nicht auf dem Spiel stehen. Vielmehr müsse es darum gehen, zusammen mit der Sicherheitsindustrie schnelle Antworten zu finden.

Als erste Firma hat sich die US-amerikanische Guardian Technologies zu Wort gemeldet. Sie will mit dem PC-basierten Programm PinPoint eine Mustererkennung entwickelt haben, die "zuverlässig wie eine DNA-Analyse" die unterschiedlichen Flüssigkeiten erkennen soll. Das Programm soll direkt mit herkömmlichen Röntgenscannern an Flughäfen zusammenarbeiten. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Klaus Jansen, sprach sich unterdessen für eine stärkere Überwachung des Internet aus. Es müsse verhindert werden, dass Anleitungen zur Fertigung von Flüssigsprengstoffen im Netz kursieren. "Wenn wir nicht in der Lage sind zu identifizieren wer diese Seiten einstellt oder runter lädt, fehlt uns ein wichtiger Ermittlungsansatz zur Verhinderung von Terroranschlägen", zitiert die Netzeitung den BDK-Vorsitzenden. (Detlef Borchers) / (pmz)