Juristische Folgen von Anti-Abmahnungs-Passus auf Website

Nach Ansicht des OLG Hamm kann derjenige keine Kosten für eine Abmahnung geltend machen, der auf seiner eigenen Website Mitbewerber auffordert, ihn vor einem solchen Schreiben zu kontaktieren.

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Von
  • Joerg Heidrich

Ein Passus wie “Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt” findet sich auf vielen Websites. Die Betreiber hoffen, dadurch kostenpflichtige Abmahnungen zu vermeiden. In aller Regel entfalten solche einseitigen Erklärungen keine rechtliche Wirkung. Wie das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil entschied, kann eine solche Formulierung sogar negative Auswirkungen auf die eigene Abmahntätigkeit des Verwenders haben (Az. I-4 U 169/11 – Urteil vom 31. Januar 2012). Nach Ansicht des Gerichts darf derjenige, der eine vorherige Kontaktaufnahme vor einer Abmahnung wünscht, seinerseits keine Kostenerstattung für ein direkt versandtes Anwaltsschreiben verlangen.

Hintergrund der Entscheidung war eine Auseinandersetzung zwischen zwei Personalvermittlungen im Pflegebereich. Die Klägerin des Verfahrens hatte auf Ihrer Website folgende Formulierung verwendet: “Um die Kosten eines Rechtsstreits zu vermeiden, sollten Sie uns im Vorfeld bei unvollständigen Angaben, wettbewerbsrechtlichen Vorkommnissen oder ähnlichen Problemen auf dem Postwege kontaktieren. Eine kostenpflichtige anwaltliche Abmahnung ohne diesen Vorabkontakt wird aus Sicht der Schadensminderungspflicht als unzulässig abgewiesen.” Trotz dieser eigenen Formulierung hatte sie ohne vorherige Kontaktaufnahme eine anwaltliche Abmahnung an einen Mitbewerber verschicken lassen, der in einer Zeitungsanzeige einen unzutreffenden Eindruck erweckt hatte.

Der Beklagte gab zwar eine Unterlassungserklärung ab, verweigerte jedoch die Übernahme der Anwaltskosten von rund 750 Euro. Diesen Betrag wollte die abmahnende Personalvermittlung nun einklagen. Nachdem bereits das Landgericht Bielefeld in erster Instanz zugunsten des Abgemahnten entschieden hatte, wies auch das OLG Hamm die Berufung dagegen zurück. Ein Erstattungsanspruch im Hinblick auf die Anwaltskosten stehe der Klägerin nicht zu.

Die Personalvermittlung verlange von ihren Mitbewerbern, dass diese sich nach der Entdeckung von Wettbewerbsverstößen zunächst im Rahmen eines Vorabkontakts selber an sie wenden sollen, um eine kostenträchtige anwaltliche Abmahnung zu vermeiden. Sie drohe an, sich im Falle einer sofortigen förmlichen Abmahnung durch einen Rechtsanwalt auf eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch den abmahnenden Mitbewerber zu berufen. Zwar sei diese Einschätzung rechtlich nicht zutreffend. Vielmehr stehe es dem Mitbewerber in der Regel frei, sofort abzumahnen und die Kosten dafür erstattet zu verlangen. Allerdings werde durch die Formulierung ein rechtlich unkundiger Konkurrent verunsichert und könnte sich veranlasst sehen, die Klägerin vor einer anwaltlichen Abmahnung vorsichtshalber selber anzuschreiben.

Derjenige, der eine solche Vorgehensweise von den Mitbewerbern verlangt, müsse sich auch selbst so verhalten, urteilten die Richter. Die Klägerin setze sich in rechtlich erheblicher Weise in Widerspruch, wenn sie wiederholt Mitbewerber wie den Beklagten wegen eines bestimmten Anzeigeninhalts sofort durch einen Anwalt abmahnen lässt. Den Konkurrenten werde dabei die aus Rechtsgründen für erforderlich gehaltene Vergünstigung genommen, kostenneutral auf einen Wettbewerbsverstoß hingewiesen zu werden, die die Klägerin für sich selbst in Anspruch nimmt. Für dieses widersprüchliche Verhalten seien keine Gründe ersichtlich. Die Klägerin sei im Falle einer solchen Selbstbindung nicht daran gehindert, die Berechtigung einer Abmahnung durch einen Anwalt prüfen zu lassen, dann allerdings auf ihre Kosten. (hob)