EU-Parlamentsberichterstatter zweifelt am Erfolg von ACTA

Die Befürchtungen wögen schwerer als die Hoffnung in der Debatte über das Anti-Piraterie-Abkommen, meint der Labour-Abgeordnete David Martin. Es gebe bislang wenig Hinweise darauf, dass ACTA seinen eigentlichen Zweck erfülle.

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Der Berichterstatter für das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA im EU-Parlament, David Martin, glaubt nicht an den Erfolg des umstrittenen Vertrags. Die Befürchtungen wögen schwerer als die Hoffnung in der Debatte über die federführend von Industriestaaten ausgehandelte Übereinkunft, schreibt der Labour-Abgeordnete in einem Meinungsbeitrag für das Online-Magazin "Public Service Europe". Es gebe bislang wenig Hinweise darauf, dass ACTA seinen eigentlichen Zweck erfülle und die globale Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern verbessere.

Um dieses Ziel zu erreichen, wäre es dem Schotten zufolge wichtig, dass sich das Abkommen zu einem Maßstab für Schwellenländer und deren Volkswirtschaften werde. Dies sei aber keineswegs absehbar. Vielmehr hätten mehrere Nationen, die den Vertrag bisher nicht unterzeichnet haben, ihren Widerstand gegen die Initiative zum Ausdruck gebracht. Andererseits betonten Befürworter der Vereinbarung, dass diese etwa im EU-Recht keine Änderungen erforderlich mache.

Trotzdem gibt es laut Martin Bedenken, dass ACTA Grundrechte einschränken, Bürger kriminalisieren und die Verbreitung von Arzneimittel-Generika behindern könne. Es kursierten zwar viele Mythen über die möglichen Auswirkungen. In Substanzfragen bestehe aber die ernstzunehmende Gefahr, dass ein "bewusst vager Text" schwerwiegende Konsequenzen haben könne, wenn er übereifrig angewendet werde.

Die EU-Kommission hat derweil am Mittwoch nach zweimonatigem Abwägen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die entscheidende Frage vorgelegt, anhand der die Luxemburger Richter den Vertrag juristisch sezieren sollen. Zu prüfen haben sie demnach, ob ACTA mit den EU-Verträgen und insbesondere mit der Grundrechtecharta der Gemeinschaft vereinbar ist. Handelskommissar Karel De Gucht zeigte sich erfreut, dass Brüssel damit seinem Ziel, rechtliche Klarheit über das Abkommen zu erlangen, einen Schritt näher gekommen sei. Er appellierte an die EU-Abgeordneten, vor ihrer Abstimmung über ACTA das Ergebnis der in Auftrag gegebenen detaillierten Untersuchung abzuwarten.

Martin hatte den Volksvertretern zunächst nahegelegt, den EuGH auch selbst anzurufen und ihm eine gesonderte Frage vorzulegen. Dies lehnte der federführende Handelsausschuss aber Ende März ab. Die Parlamentarier erwarten nun noch im April den Berichtsentwurf des Vertreters der sozialdemokratischen Fraktion. Sie wollen in Folge im Plenum im Juni oder Juli über die Ratifizierung des Übereinkommens entscheiden. Passend dazu hat die "Berliner Initiative gegen das ACTA-Abkommen" bereits den 9. Juni zu einem "Internationalen Aktionstag" gegen den Vertrag auserkoren und einen ersten Beteiligungsaufruf ins Netz gestellt. Einzelheiten über geplante Großdemonstrationen im Anschluss an die Protestkundgebungen vom 11. Februar sollen folgen. (keh)