Urteil: Wenn "Jette" draufsteht, muss "Jette" drin sein

Das Hanseatische Oberlandesgericht untersagte einem Versteigerungs-Newcomer, die Unterkategorie "Jette" zu führen, wenn dort kein Schmuck der Hamburger Designerin Henriette Joop angeboten wird.

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Von
  • Holger Bleich

Wenn es um ihren Spitz- und Markennamen "Jette" geht, ist mit Henriette Joop nicht zu spaßen. Immer mal wieder mahnt die Jette GmbH Internet-Unternehmen ab, die in den Augen der Designerin Mißbrauch mit dem Namen treiben. Im jüngsten Fall ging es um ein Startup-Unternehmen, das versucht, sich mit der Versteigerungsplattform Versteigerungen4U.de gegen eBay am Markt zu behaupten.

Wie bei eBay sind dort die Angebote in Unterkategorien unterteilt. So finden sich in der Hauptkategorie "Auto & Motorad" PKW-Marken von Alfa Romeo bis Wartburg. Und unter Modeschmuck war beispielsweise die Kategorie "Jette" gelistet. Wegen des geringen Bekanntheitsgrads der Plattform waren im letzten Jahr oft null Angebote eingetragen.

Deshalb erhielt Betreiber Torsten Capelle im August 2006 eine Abmahnung von der Jette GmbH. Wenn man mit der Lycos-Suchmaschine nach "Jette" fahndete, tauchte offenbar ein Verweis zur Jette-Kategorie von Versteigerungen4U.de auf, wo sich zu diesem Zeitpunkt keine Angebote fanden. Damit führt der Aktionsanbieter nach Ansicht der Jette GmbH die Websurfer in die Irre, weil er den Markennamen demnach lediglich als Lockvogel nutzt. Es liege also ein Markenmißbrauch und ein Wettbewerbsverstoß vor.

Capelle kam dem Unterlassungsbegehren nicht nach. Ende August kassierte er deshalb eine von der Jette GmbH beantragte einstweilige Verfügung vom Landgericht Hamburg. Das folgende Widerspruchsverfahren verlor er genauso wie nun die Berufungsverhandlung am Hanseatischen Oberlandesgericht (Az. 3 U 302/06). Der Urteilsbegründung, die auch Online-Rechtsexperten viele Rätsel aufgibt, könnte durchaus grundsätzliche Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommen.

Dem Betreiber von Versteigerungen4U.de wird vom Gericht verboten, die Bezeichnung Jette auf der Website so einzusetzen, dass Suchmaschinen als Ergebnis die Versteigerungskategorie anzeigen, "ohne dass eine sachliche Verbindung zwischen seinem Angebot oder dem Angebot Dritter, auf das er von seiner Website beziehungsweise deren Unterseiten aus verweist, und der Marke 'Jette' besteht". Offenbar soll dieses verklausulierte Verbot de facto daraus bestehen, dass in Versteigerungen4U.de keine Kategorie "Jette" auftauchen darf, wenn dort keine Angebote vorliegen.

In der Praxis heisst das für Newcomer am Versteigerungsmarkt, dass sie nach Ansicht des Gerichts auf ihrer Plattform kein Kategoriesystem mit Markennamen abbilden dürfen. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass diese Kategorien zum Marktstart ungefüllt sind, es somit zum Henne-Ei-Problem kommt. Dem Platzhirschen eBay dürfte diese Einschränkung helfen, seine Marktposition in Deutschland zu sichern.

Das Gericht legte den Streitwert auf 100.000 Euro fest. Weil sich die Anwalts- und Verfahrensgebühren aus eben diesem Gegenstandswert berechnen, kostete Capelle die Auseinandersetzung mit der Jette GmbH bisher mehr als 10.000 Euro. Er könnte nun den Streit fortführen und im so genannten Hauptsacheverfahren erneut vor das Landgericht Hamburg ziehen. Entschieden hat er nach eigener Aussage darüber noch nicht. Eine Bitte um Stellungnahme der Jette GmbH blieb bislang unbeantwortet. (hob)