UN im Silicon Valley

In Intels Hauptquartier im kalifornischen Santa Clara trafen sich Regierungs- und Firmenvertreter zur Tagung "UN Meets Silicon Valley".

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Von
  • Wolfgang Kleinwächter

Der neue UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat sich dafür ausgesprochen, die im Jahr 2000 vereinbarten Millenniums-Entwicklungsziele (MDG) der Vereinten Nationen stärker mit dem vom UN-Weltgipfel zur Informationsgesellschaft (WSIS) im Jahr 2003 verabschiedeten Aktionsprogramm zu verzahnen. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien seien ein entscheidendes Instrument, um den Kampf gegen Armut, Krankheiten und Unterentwicklung zu führen, sagte der UN-Generalsekretär in einer Videobotschaft an die im kalifornischen Santa Clara tagende erste Vollversammlung der im vergangenen Jahr neue gegründeten "Global Alliance for ICT & Development" (GAID).

An der Tagung im Hauptquartier von Intel in Santa Clara unter dem Motto "UN Meets Silicon Valley" nahmen 120 Mitglieder der GAID-Gremien teil. Sie diskutierten den ersten Geschäftsplan, der nach Angaben von GAIDs Exekutiv-Sekretär Sarbuland Khan auf einem Budget von 2,5 Millionen US-Dollar basiert. GAID soll selbst keine Projekte betreiben, sondern vorrangig über das Netzwerk seiner Mitglieder als Katalysator wirken und die Entwicklung von konkreten Projekten stimulieren.

Neben mehreren Ministern aus Entwicklungsländern waren auch Führungskräfte von Cisco, Microsoft, Google, IBM, Nokia und Siemens sowie UNESCO, ILO, FAO, UNCTAD, Weltbank und Internationale Handelskammer (ICC) vertreten. Die Zivilgesellschaft wurde durch die Konferenz der NGOs (CONGO) und die "Global Knowledge Partnership (GKP) repräsentiert. GAID wurde im Juli 2006 als Nachfolger der "UN Information and Communication Technology Task Force" (UNICTTF) gegründet. Das Mandat der UNICTTF war mit dem Ende des 2. WSIS-Gipfels im November 2005 ausgelaufen.

Nach den WSIS-Plänen soll bis zum Jahr 2015 die Hälfte der Menschheit online sein. Um die heutige digitale Spaltung in digitale Möglichkeiten für morgen zu verwandeln, müssten Regierungen noch enger mit der Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, forderte Ban Ki Moon. Dabei komme es auch darauf an, neue Geschäfts- und Organisationsmodelle zu erkunden, die allen Beteiligten nutzten. Dass die UN ins Silicon Valley komme, signalisiere, dass die Vereinten Nationen zu neuen Formen von Partnerschaft bereit seien.

Intels Aufsichtsratsvorsitzender Craig Barrett hatte noch auf Bitten des damaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan im Juni 2006 den Vorsitz der "Global Alliance" übernommen. In seiner Rede unterstrich Barrett, dass die Devise des Silicon Valley, nicht lange zu reden, dafür aber umso schneller zu handeln, zur GAID-Leitschnur werden soll. Dialog um des Dialogs willen bräuchte keiner.

Heute gebe es eine Milliarde Internet-Nutzer. Nun komme es darauf an, die nächste Milliarde ans Netz zu bringen, meinte Barrett. Und die komme nicht aus den entwickelten, sondern aus den Entwicklungsländern. Neben China, Indien und Brasilien nannte er dabei ausdrücklich auch Afrika, das am Anfang einer qualitativ neuen Entwicklung stehe, wie sich nun im Bereich der Mobiltelefonie zeige. Barrett begrüßte, dass die UN-Diplomaten ins Silicon Valley kommen, um zu studieren, wie man Erfolg hat. Ein bisschen mehr unternehmerischer Geist schadete im UN-Hauptquartier nicht, meinte der Intel-Vorsitzende.

ITU-Generalsekretär Hammadou Toure verwies darauf, dass die ITU gute Erfahrungen mit Public-Private Partnerships gesammelt habe. Die gigantische Erfolgsgeschichte der Mobiltelefonie sei ein Beispiel, wie man durch eine Multistakeholder-Kooperation wirtschaftliche Entwicklung und soziale Integration gleichzeitig fördern kann. Die ITU werde sich in den kommenden Jahren vor allem auf die Überwindung der digitalen Spaltung durch den Aufbau von Infrastrukturen und die Verbesserung von Zugangsmöglichkeiten konzentrieren. Dabei stehen die Standardisierung neuer IT-Technologien und die Verstärkung der Cybersicherheit für die ITU im Vordergrund. Toure vermied, das kontroverse Thema "Internet Governance" anzusprechen.

Im Januar 2007 hatte sich bereits eine europäische GAID-Regionalgruppe gebildet. Gastgeber war damals in Dresden Intels Konkurrent AMD, der mit seinem Projekt 15×50 sich gleichfalls dafür engagieren will, die WSIS-Ziele zu erreichen. AMD nahm an der Sitzung in Santa Clara nicht teil. Die europäische GAID-Gruppe wird vom deutschen Auswärtigen Amt koordiniert. (Wolfgang Kleinwächter) / (anw)