Freispruch nach Code-Klau bei Goldman Sachs

Sergey Aleynikov, der im Jahr 2009 Code von Goldman Sachs entwendet hatte und dafür zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, wurde nach einem Jahr Haft von einem Berufungsgericht freigesprochen.

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An seinem letzten Tag bei Goldman Sachs hatte Sergey Aleynikov Teile einer Software für High Frequency Trading (HFT) auf einen Server in Deutschland und später von dort auf private Geräte kopiert. Dafür wurde er zu mehr als acht Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt. Die Anklage umfasste drei Punkte: Diebstahl mit Transport über die Grenze von Bundesstaaten nach dem National Stolen Property Act, Wirtschaftsspionage sowie nicht autorisierter Zugriff auf Computersysteme. Eine Jury sprach Aleynikov in den ersten beiden Punkten schuldig, zum Zugriff auf die Goldman-Sachs-Rechner war er jedoch berechtigt gewesen. Seine Rechtfertigung, er habe nur Open-Source-Code sichern wollen und den proprietären Code irrtümlich mitgehen lassen, half ihm genauso wenig wie der Hinweis, dass er nichts weitergegeben habe oder dass die Ermittler auf den Rechnern des neuen Arbeitgebers keinen Goldman-Sachs-Quelltext fanden.

Nach einem Jahr im Gefängnis wurde er im Februar vom Berufungsgericht freigesprochen, nun liegt die Begründung (PDF) vor: Der National Stolen Property Act bezieht sich auf körperliche Güter, Wertpapiere und Geld — nicht aber auf online übertragenen Programmcode. Hätte Aleynikov die Kopien etwa auf einen USB-Stick gemacht, wäre das Ergebnis vielleicht anders ausgefallen. Das haben die Richter in ihrer Urteilsbegründung (US vs Sergey Aleynikov, US Court of Appeals for the Second Circuit, Docket-No. 11-1126) jedoch offen gelassen. Später hat er zwar Teile des Codes auf einem USB-Key und seinem Laptop nach Illinois befördert, entscheidend war für das Gericht aber die (hier nicht gegebene) Körperlichkeit im Zeitpunkt des Diebstahls.

Auch eine Entziehung des Codes wurde vom Gericht nicht gesehen, da Aleynikov nur kopiert und nichts gelöscht hatte. Der gegenständliche Abschnitt des Gesetzes gegen Wirtschaftsspionage (EEA) wiederum wäre nur anwendbar, wenn der Code in Zusammenhang mit einem Produkt für den zwischen-bundesstaatlichen oder internationalen Handel gestanden hätte. Goldman Sachs hatte aber ganz im Gegenteil versucht, das lukrative Programm geheim zu halten. Hätte Aleynikov zu Gunsten von Ausländern gehandelt und sich wegen internationaler Wirtschaftsspionage verantworten müssen, hätte die Einschränkung auf Handelswaren nicht gegriffen.

Mit dem Freispruch hat die Zitterpartie für Aleynikov allerdings noch kein Ende: Goldman Sachs' könnte gegen den ehemaligen leitenden Mitarbeiter wegen Vertragsbruches zivilrechtliche Ansprüche erheben.

Umgehend wurden Forderungen nach Gesetzesänderungen erhoben, und zwar nicht nur von Kommentatoren, sondern sogar von einem der drei Richter des Berufungsverfahrens. Er schloss sich zwar der Entscheidung seiner Kollegen an, brachte aber in seiner Begründung die Hoffnung zum Ausdruck, dass sich der Kongress der Sache erneut annehme, um klarzustellen, was er mit dem Gesetz gegen Wirtschaftsspionage wirklich unter Strafe stellen wollte. (ola)