Neustart bei EU-Gesetz zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte

Die EU-Kommission will die geplanten Strafvorschriften gegen illegale Kopierer, Patentverletzer und Produktfälscher noch einmal überarbeiten und teilweise zurückziehen.

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Die EU-Kommission will die geplanten Strafvorschriften gegen illegale Kopierer, Patentverletzer und Produktfälscher noch einmal gründlich überarbeiten und teilweise zurückziehen. Die erklärte ein Kommissionsvertreter Anfang der Woche bei einer Beratung des Gesetzgebungsvorhabens im federführenden Rechtsausschuss des EU-Parlaments. Ursache ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, wonach strafrechtliche Angelegenheiten nicht allein vom EU-Rat in Absprache mit der Kommission beschlossen werden können.

Die Kommission hatte vor, in dem Verfahren zweigleisig zu fahren. Mit dem Entwurf (PDF-Datei) für eine Richtlinie über "strafrechtliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum" wollte sie einerseits alle vorsätzlich "in gewerblichem Umfang" begangenen Verletzungen an geistigen Eigentumsrechten EU-weit zu Verbrechen stempeln und damit der strafrechtlichen Verfolgung zugänglich machen. Andererseits sollte der Rat mit einem von der Kommission vorgezeichneten ergänzenden Rahmenbeschluss drakonische Geld- und Haftstrafen festlegen. Derlei Kompetenzaufteilungen zwischen den verschiedenen Gesetzgebungssäulen der EU hat der Gerichtshof bemängelt. Das Parlament hätte in diesem Fall auch nur teilweise Einfluss auf das Verfahren nehmen können.

Die Kommission will die rechtliche Basis des gesamten Vorhabens daher noch einmal neu festlegen und die beiden Entwürfe modifizieren. Ob sie dabei auf die grundsätzliche Kritik aus einem Großteil der Wirtschaft und aus dem Lager der Freien Software an der "Streubomben-Gesetzgebung" eingeht, war noch nicht zu vernehmen. Erhalten bleiben soll laut den Angaben des Kommissionsvertreters ein geschrumpfter Vorschlag für eine Richtlinie.

Die Strafhöhen und die neuen Befugnisse etwa für Hausdurchsuchungen und zur Konfiszierung von Beweismaterial für die Polizei würden beibehalten beziehungsweise in die Richtlinie integriert werden, hieß es. Andere, allgemeiner gehaltene Bestimmungen des Rahmenbeschlusses wie die besonders umstrittene Einsetzung gemeinsamer Ermittlungsteams mit den von illegalen Kopien und Fälschungen bedrohten Industrien sollen dagegen später in einem anderen Gesetzesvorhaben verbraten werden. Dieses wird sich gemäß den Vorstellungen der Kommission nicht allein auf den Schutz geistigen Eigentums beziehen. Einen neuen Gesetzesentwurf will die Kommission Ende Januar präsentieren.

Die bisherige Parlamentsberichterstatterin für den Rahmenbeschluss, Janelly Fourtou, beklagte angesichts der Neuauflage und der zeitlichen Verzögerungen, dass sie sich "technisch gesehen arbeitslos" fühle. Sie gab ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die strafrechtlichen Bestimmungen im Kampf gegen Fälschung und Piraterie baldmöglichst in Kraft treten. Fourtou hatte im Streit um die ursprüngliche Durchsetzungsrichtlinie, die explizit auf zivilrechtliche Sanktionsmöglichkeiten beschränkt wurde, immer wieder mit Befangenheitsvorwürfen zu kämpfen, da ihr Gatte damals Chef des Medienkonglomerats Vivendi Universal war. Inzwischen hat er bei dem Konzern den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden inne. Die Fourtous gerieten ferner wegen dem Gebaren einer Vivendi-Stiftung ins Visier der französischen Börsenaufsicht. (Stefan Krempl) / (jk)