NRW-Minister fordert "sachgerechte Diskussion" über Computerspiele

Der Jugendminister Armin Laschet versucht offenbar, zwischen den Befürwortern und Gegnern eines Verbots von "Killerspielen" zu vermitteln.

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"Computerspiele sind Jugendkultur und gehören für Kinder und Jugendliche zum Alltag. Deshalb brauchen wir eine sachgerechte Diskussion über Computerspiele und keine pauschalen Verurteilungen." Das sagte gestern Kinder- und Jugendminister Armin Laschet bei der Verleihung des "Deutschen Entwicklerpreises 2005" in Essen. Gerade Eltern, die meist selbst nicht spielen, seien angesichts der aktuellen Verbotsdiskussion über "Killerspiele" verunsichert. "Horrorszenarien wie das der 'Medienverwahrlosung' oder der 'Verrohung einer ganzen Generation' helfen nicht weiter", so Laschet.

Der Minister knüpft an eine durch einen Passus im Koalitionsvertrag (PDF-Datei) zwischen CDU/CSU und SPD entzündete Debatte an. In dem Abschnitt 6.3 "Aufwachsen ohne Gewalt" haben sich die Regierungsparteien darauf geeinigt, dass zu den Eckpunkten, die "vorrangig erörtert" werden sollen, ein Verbot von "Killerspielen" gehört. Weitere Punkte sind die "Wirksamkeit des Konstrukts 'Regulierte Selbstkontrolle'" und "Altersgrenzen für die Freigabe von Filmen und Spielen/Alterskennzeichnung von Computerspielen". Nachdem sich Befürworter und Gegner eines Verbots vorvorige Woche einen Schlagabtausch lieferten, hatte sich kurz darauf der Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware zu Wort gemeldet, dem Unternehmen wie Nintendo, Microsoft und Sony angehören. Er meint, die seit dem April 2003 geltenden Neuregelungen des Jugendschutzgesetzes hätten sich in der Praxis bewährt. Das bestehende Alterskennzeichnungssystem für Computer- und Videospiele habe zu einem erfolgreichen Jugendschutz geführt.

In diese Argumentationsrichtung stößt nun auch Laschet vor. Ein Blick auf die Altersfreigaben der Spiele zeige, dass diese deutlich besser seien als ihr Ruf: "95 Prozent aller Spiele, die in den vergangenen beiden Jahren auf den deutschen Markt kamen, waren für Kinder und Jugendliche freigegeben", heißt es in einer Mitteilung aus dem Jugendministerium. Der Minister fordert aber auch die Entwickler und Vertreiber von Computerspielen auf, sich verstärkt in die Diskussion einzubringen und die Kritik an ihren Produkten ernstzunehmen. "Grundsätzlich ist eine Verbesserung des Jugendschutzes, wie sie im Koalitionsvertrag für die Bundesregierung formuliert wird, nur zu begrüßen. Auf welchem Weg dieses Ziel am besten erreicht wird, darüber müssen alle Beteiligten miteinander sprechen", so Laschet weiter, der betonte, dass er auch die Gefahren sähe, die von den Spielen ausgehen können.

Bayerns Innenminister Günther Beckstein lässt sich spätestens seit dem Amoklauf von Erfurt im April 2002 zu den uneingeschränkten Gegnern von "Killerspielen" rechnen. Vor kurzem hat er gegenüber dem Magazin Zünder der Zeit betont, dass ihm der besagte Passus im Koalitionsvertrag ein "persönliches Anliegen" war. "Ich habe mir von meinen Mitarbeitern Spiele zeigen lassen, bei denen Menschen geschlachtet werden wie Tiere. Bei denen man mit Handgranaten auf Leute wirft und dann beobachten kann, wie diese Menschen in scheußlichster Weise verletzt werden. Dass solche Killerspiele die Hemmschwelle gegen Gewalt herabsetzen, ist für mich eindeutig, auch wenn wissenschaftliche Belege hierfür noch umstritten sind."

Ein Standpunkt, den beispielsweise die Betreiber von killerspiel-spieler.org nicht nachvollziehen können. Allein schon die Verwendung des Begriffs "Killerspiele" anstelle von "First Person Shooter" oder "Egoshooter" beunruhigt sie. Daher wollen sie sich "gegen eine in unseren Augen unzulässige Verknüpfung von virtuellen Spielen und realer Gewalt" wehren. Das meint auch Professor Jürgen Fritz, Leiter des Forschungsschwerpunkts "Wirkung virtueller Welten" der Fachhochschule Köln. Die These "virtuell schießen – real morden" sei unsinnig. Seines Erachtens geht es in Computerspielen um "symbolisches" Töten, bei dem eine Rückwirkung auf das Verhalten im wirklichen Leben nicht anzunehmen sei. Fritz hält ausuferndes Computerspielen für weitaus bedenklicher als das Spielen so genannter Ballerspiele: "Der Computerspieler verbleibt in der virtuellen Welt", erklärt Fritz. Das gehe zu Lasten sozialer Kontakte in der Wirklichkeit und führe häufig dazu, dass Kinder ihre Pflichten und Aufgaben vernachlässigen.

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