EU und USA wollen Zugriff auf Passagierdaten erweitern

Das US-Ministerium für Innere Sicherheit will seinen bisher noch begrenzten Zugriff auf die Datenbanken erweitern lassen. Auch europäische Regierungen artikulieren neue Begehrlichkeiten.

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Der Kampf gegen den Terror weckt bei Regierungen und Behörden den Wunsch, ungehindert in den internationalen Datentöpfen nach Verwertbarem zu fischen. Besonders attraktiv sind offenbar die Daten der Flugpassagiere. Das US-Ministerium für innere Sicherheit (Department of Homeland Security) will seinen bisher noch begrenzten Zugriff auf die Datenbanken erweitern lassen, und auch europäische Regierungen artikulieren unter dem Eindruck der misslungenen Anschläge in Großbritannien und Deutschland neue Begehrlichkeiten.

Nach einem Bericht der New York Times (NYT) hat sich auch der Vizepräsident der EU-Kommission, Franco Frattini, als Kommissar zuständig für Justiz, Freiheit und Sicherheit, für einen weiter reichenden Zugriff europäischer Behörden auf die Datenbanken der Reiseveranstalter ausgesprochen. Es geht um den so genannten Passenger Name Record (PNR), der neben den Basisdaten eines jeden Passagiers zahlreiche Einzelheiten enthält, die für die beteiligten Reiseveranstalter und Fluggesellschaften vorgesehen sind. In der Datenbank laufen die Informationen der internationalen Buchungssysteme Sabre, Galileo und Amadeus von Online-Reiseanbietern zusammen.

Für Passagiere in die USA übermitteln die EU-Staaten Auszüge dieser Daten im Rahmen eines Abkommens an die US-Behörden, die 34 Detailinformationen pro Passagier dreieinhalb Jahre speichern dürfen. Die Daten enthalten nicht nur Namen, Geburts- und Flugdaten, sondern auch Kreditkarteninformationen, weitere Buchungen für Hotels oder Mietwagen sowie E-Mail-Adressen und Telefonnummern. Nach einer Klage des EU-Parlaments hatte der EU-Gerichtshof das Abkommen wegen fehlender rechtlicher Grundlage kassiert. Ein Pyrrhus-Sieg, wie Datenschützer befürchteten. Jetzt will die EU die Datenweitergabe auf eine neue rechtliche Basis stellen und an der Praxis nichts ändern.

Doch wollen die EU-Staaten die Daten nicht nur den Amerikanern geben, sondern auch selbst nutzen. Die Daten seien "Teil eines Werkzeugarsenals, das zumindest den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung stehen sollte", erklärte ein Sprecher Frattinis in der NYT. Bisher hätten EU-Behörden noch keine Grundlage, PNR-Daten zu verwerten. Frattini schlägt vor, dass europäische Regierungen entsprechende Regelungen einführen, die es ihnen erlauben, die Hintergrunddaten von Passagieren mit europäischen Reisezielen schnell zu prüfen.

Auch die US-Behörden wollen dem Bericht zufolge ihren Zugriff auf die Daten ausweiten. Bisher hat die US-Regierung begrenzte Möglichkeiten, die Informationen zum Abgleich mit anderen Datenbanken an Ermittlungsbehörden weiterzugeben. Das Ministerium für innere Sicherheit will darüber mit den Europäern verhandeln.

Das Vorhaben stößt auf heftige Kritik der Datenschützer. Ein Vertreter der US-Organisation American Civil Liberties Union (ACLU) sieht vorher geäußerte Befürchtungen bestätigt. Kleine Zugeständnisse führten sofort zu massiven Begehrlichkeiten, den Datenzugriff in alle Richtungen auszuweiten. Wenn die USA und Europa den eingeschlagenen Weg fortsetzten, würden die Regierungen bald routinemäßig in riesigen Datenbanken Informationen Millionen unbescholtener Bürger durchsuchen können. (vbr)