EU-Gutachten stärkt Software-Wiederverkäufer

Der Generalanwalt beim EuGH sieht im Rechtsstreit um den Weiterverkauf "gebrauchter" Software keinen Unterschied zwischen der Lieferung auf CD und dem Herunterladen aus dem Netz. Der Verkauf sei jedoch nur zulässig, wenn ein Datenträger geliefert werde.

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Von
  • Christian Kirsch

In einer Stellungnahme für den Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat der Generalanwalt Yves Bot die Position vertreten (PDF), dass es hinsichtlich des möglichen Wiederverkaufs keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Lieferformen von Software gebe.

In dem Verfahren geht es um eine jahrelange Auseinandersetzung zwischen dem Softwarehersteller Oracle und der Firma usedSoft. Diese hatte "gebrauchte" Softwarelizenzen verkauft, ohne einen Datenträger zu liefern, und war von Oracle verklagt worden. Der Bundesgerichtshof hatte im Januar 2011 einen grundsätzlichen Unterschied zwischen den Vertriebswegen erkannt: Werde die Software auf einem physischen Datenträger, etwa einer CD-ROM, geliefert, dürfe die Lizenz zusammen mit ihm weiterverkauft werden. Bei heruntergeladener Software sei dies jedoch nicht zulässig.

Allerdings wandte er sich mit drei Fragen an den EuGH, die dieser im Zusammenhang mit der Urheberrechtsdirektive der EU beantworten sollte. So wollte er unter anderem wissen, ob das Herunterladen von Software und das anschließende Speichern auf einem Datenträger das Erschöpfen des Verbreitungsrechts zur Folge hat. Dieses "Erschöpfungsprinzip" beruht auf einer Analogie zu Büchern: Wer ein Buch kauft, kann es jederzeit weiterverkaufen, das Recht des Urhebers zur Verbreitung ist "erschöpft".

Da Bot die Frage des BGH bejaht, stellt er die verschiedenen Vertriebswege von Software gleich. Er schlägt vor, "jede Überlassung einer Kopie eines Programms in der Union, in jeder Form und mit jedem Mittel, zur unbefristeten Verwendung gegen Zahlung eines Pauschalentgelts, als Verkauf zu definieren".

Damit wäre zumindest die Position derjenigen Weiterverkäufer "gebrauchter" Softwarelizenzen gestärkt, die das Programm auf einem legal erstellten Datenträger liefern. Einen Verkauf ohne gleichzeitige Lieferung des Datenträgers hält Bot jedoch für nicht zulässig. Denn erschöpfen könne sich zwar das Recht auf Verbreitung, aber nicht das Recht auf Kopie. Der Erwerber einer Lizenz ohne Datenträger müsste jedoch selbst eine Kopie erstellen, was er laut Bot nicht dürfte. Dies sei auch dann nicht erlaubt, wenn der Ersterwerber die Software gelöscht habe oder nicht mehr verwende.

Folgt der EuGH Bots Antrag, könnten sich Softwarehersteller in Zukunft noch stärker darauf verlegen, Software direkt auf den Zielrechnern zu installieren, etwa per App-Store. Ein UsedSoft-Sprecher deutete an, dass möglicherweise für die in diesem Fall angefertigte Sicherheitskopie ebenfalls das Recht zum Weiterverkauf bestehe. Dies sieht jedoch der Rechtsanwalt Arnd Böken anders. Die "Sicherheitskopie darf aber nur der Kunde nutzen, er darf sie nicht allein verkaufen, sondern nur zusammen mit der Originalkopie. Für eine Verdopplung der Nutzungsrechte eignet sie sich also nicht," sagte er auf Nachfrage von heise online.

Der Entscheidungsvorschlag des Generalanwalts ist für den Gerichtshof nicht bindend, aber in der Praxis meist wegweisend. Die Richter des Gerichtshofs treten jetzt in die Beratung ein, das Urteil wird für die zweite Jahreshälfte erwartet.

Eine detailliertere Analyse des Gutachtens liefert der Beitrag "EU-Generalanwalt stärkt Position von Gebrauchtsoftwarehändlern" auf heise resale. Dort finden Sie auch weitere Beiträge zum Thema Gebrauchtsoftware-Handel, etwa zum Streit zwischen Microsoft und Softwarebilliger.de. (ck)