Bitkom setzt sich für intelligente Videoüberwachung ein

Statt immer mehr Videokameras zu installieren, müsse eine "intelligente Videosensorik" eingesetzt werden, bei der Computer die Bild- und Bewegungsanalyse übernehmen, meint der IT-Branchenverband.

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Von
  • Detlef Borchers

Der IT-Branchenverband Bitkom hat in die laufende politische Debatte über die Ausweitung der Videoüberwachung eingeworfen, dass die technischen Möglichkeiten moderner Videosysteme kaum genutzt würden. Statt immer mehr Videokameras zu installieren, müsse eine "intelligente Videosensorik" eingesetzt werden, bei der Computer die Bild- und Bewegungsanalyse übernehmen. Computerunterstützte Analysen könnten beispielsweise Alarm schlagen, wenn ein Koffer für längere Zeit auf einem Bahnsteig stehe. "Mit dem Verzicht auf solche Systeme vergeben wir die Chance, Deutschland sicherer zu machen. Wenn wir nur die Bilderflut vergrößern, ist niemandem wirklich geholfen", erklärte Bitkom-Präsident Willi Berchtold.

Ungeachtet der Forderungen der IT-Branche befindet sich die Videosensorik noch in der Erprobungsstufe. So testet das Bundeskriminalamt in der Eingangshalle des Mainzer Hauptbahnhofs ein entsprechendes biometrisches Personenerkennungssystem. Ziel des Forschungsprojektes Foto-Fahndung ist ein System, in das eingescannte Bilder gesuchter Personen eingespeist werden und das diese Personen dann in der Menge vom Computer erkennt. Beim Mainzer Projekt müssen die Testkandidaten indes noch RFID-Chips tragen, damit sie zweifelsfrei erkannt werden können.

Ein weiteres System hatte der Züricher Robotik-Forscher Philippe Cattin gemäß einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung zeitweise am Züricher Flughafen erprobt. Hier sollten mit dem biometrischen Mittel der Ganganalyse verdächtige Einreisende erkannt und vorselektiert werden. Dieses System ist offenbar wieder abgebaut worden.

Ein System zum Aufspüren von Fußgängern hat Bernd Heisele von der DaimlerChrysler Research entwickelt. Ein solches System, das verdächtige Bewegungen auf Plätzen und vor Gebäuden melden kann, hatte die Diehl-Stiftung mit ihrem ISSAV-System (Intelligente Sensoren sicher ad-hoc vernetzt) kürzlich auf dem Sicherheitsforschungskongress in Karlsruhe vorgestellt (PDF). Die kostspieligen ISSAV-Installationen werden zur Überwachung von Hochsicherheitsbereichen bei der Bundeswehr eingesetzt, könnten aber bei entsprechend produzierten Stückzahlen preislich auch für Bahnhöfe und öffentliche Plätze interessant werden, wie von Bitkom gefordert.

Ob Computer in der Lage sind, mittels hoch entwickelter Sensorik und Videokameras Alarm zu schlagen, ist in der Forschung umstritten. In den USA und Großbritannien setzt man trotz einer Vielzahl von installierten Kameras auf die menschliche Erkennungsleistung. Dort arbeiten nach einem Bericht der Times so genannte SPOT-Teams, die darauf spezialisiert sind, 30 typische verdächtige Bewegungen innerhalb von Sekundenbruchteilen zu erkennen. SPOT, ausgeschrieben "Screening Passengers by Observation Technique" wäre demnach ein neues Pflichtfach für die Bundespolizei. (Detlef Borchers) / (anw)