Bürgerrechtler gegen siebentägige Speicherung von Verbindungsdaten

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kritisiert in einem offenen Brief die Entscheidung des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar, einer einwöchigen Vorhaltung von IP-Adressen durch die T-Com zuzustimmen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 339 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung kritisiert in einem offenen Brief die Entscheidung des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar, einer einwöchigen Vorhaltung von Verbindungsdaten durch die T-Com zuzustimmen. "Mit großem Erstaunen und einigem Entsetzen haben wir zur Kenntnis genommen, dass Sie die generelle Speicherung von IP-Adressen über das Ende der jeweiligen Verbindung hinaus für die Dauer von sieben Tagen akzeptieren und für rechtskonform halten", heißt es in dem Schreiben. Die Bürgerrechtler warnen, dass mit Hilfe der gespeicherten Daten das Nutzungsverhalten sämtlicher Surfer "minutiös" nachvollzogen werden könne.

Schaar hatte die siebentägige Frist vor kurzem als gesetzeskonform und datenschutzverträglich erklärt. Die Datenspeicherung ist seiner Ansicht nach "zur Missbrauchseingrenzung" und zum Schutz "gegen unerlaubte Zugriffe beziehungsweise äußere Angriffe" statthaft. Dem Arbeitskreis zufolge steht die Befürwortung dieses Kompromisses jedoch "in klarem Widerspruch" zur Entscheidung des Landgerichts Darmstadt vom Dezember 2005, die mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom Oktober rechtskräftig geworden ist. Der Münsteraner Holger Voss hatte in dem Fall gegen die Deutsche Telekom beziehungsweise T-Online geklagt, nachdem er wegen einem Forumsbeitrag in Telepolis vor Gericht zitiert worden war.

Gemäß der Rechtsprechung sei eine pauschale Speicherung von Verbindungsdaten einzig und allein zum Zwecke der Abrechnung erlaubt, schreiben die Bürgerrechtler. Bei "Flatrate"-Kunden seien Verbindungsdaten aber nie zur Abrechnung erforderlich. Nur im Einzelfall dürfe der Zugangsanbieter die Verbindungsdaten zur Eigensicherung aufbewahren. Die generelle siebentägige Speicherung bedeute, "dass etwa staatskritische Meinungsäußerungen oder die Übersendung staatsbezogener Informationen an die Presse stets nur unter der Gefahr anschließender staatlicher Repressalien erfolgen kann". Vor allem betreffe jegliche Vorratsspeicherung zu über 99 Prozent Personen, die zu einer Protokollierung ihres Informations- und Kommunikationsverhaltens keinerlei Anlass gegeben hätten. Eine anlassbezogene Speicherung im Einzelfall sei zur Missbraucheingrenzung und für die anderen angeführten Zwecke völlig ausreichend.

Kunden von T-Online, Congster und 1&1, für welche T-Com als technischer Dienstleister fungiert, empfiehlt der Arbeitskreis, zu "datenschutzkonformen Wettbewerbern" zu wechseln. Zugangsanbieter, "die sich an die rechtlichen Vorgaben halten", seien zudem oft auch preisgünstiger.

Andererseits begrüßt der Zusammenschluss zahlreicher zivilgesellschaftlicher Organisationen die Forderung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder an die Bundesregierung, die geplante sechsmonatige Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten zunächst auszusetzen. Die Datenschützer hatten auf ihrer 73. Konferenz erklärt, dass die Brüsseler Vorgaben zur Erfassung der elektronischen Nutzerspuren nicht mit der Verfassung in Einklang zu bringen sei. Die Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung sei zumindest solange zurückzustellen, bis der bereits angerufene Europäische Gerichtshof über deren Rechtmäßigkeit entschieden habe. Im Januar hatten sich rund 30 Verbände gegen die anderweitig drohende "Totalprotokollierung von Telefon, Handy, E-Mail und Internet" ausgesprochen. (Stefan Krempl) / (ola)