Neuseeländer will Amazons 1-Click-Patent zu Fall bringen

Ein Kurzfilmemacher hat eine profunde Eingabe zur Neuprüfung des umstrittenen Shopping-Patentanspruchs des Online-Händlers an das US-Patentamt geschickt.

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Es gibt einen neuen Versuch, das umstrittene 1-Click-Patent von Amazon.com zu Fall zu bringen: Der neuseeländische Kurzfilmemacher Peter Calveley hat kürzlich einen profunden Antrag zur Neuprüfung des umstrittenen Shopping-Patentanspruchs des Online-Händlers an das US-Patentamt geschickt. In der 286-seitigen Eingabe (PDF-Datei) führt der Softwarepatent-Kritiker aus, dass es Amazons Monopolanspruch an Neuigkeit mangele und das Patent daher nichtig sei. Er verweist unter anderem auf ein vorher erteiltes Schutzrecht für ein "sicheres Online-System für finanzielle Transaktionen über elektronische Medien" mit der Nummer 5,729,594. Außerdem sieht er im Rahmen des frühen Experiments DigiCashs, eine elektronische Mikrowährung auf den Markt zu bringen, ebenfalls Anhaltspunkte für eine bereits vorher getätigte und genutzte Erfindung mit vergleichbaren Funktionalitäten ("Prior Art").

Calveley, der als Darsteller bei der Bewegungsgenerierung für computeranimierte Elfen und Orcs im zweiten Teil der "Herr der Ringe"-Verfilmung mitwirkte, hatte sich laut seines Weblogs im Herbst über eine lange dauernde Büchersendung Amazons geärgert. Da dem gegenwärtig arbeitslosen Künstler der Monopolanspruch des E-Commerce-Goliaths auf das rasche Auschecken an der Online-Kasse seit langem ein Dorn im Auge war, machte er sich etwa mithilfe der Wayback-Maschine des Internet Archive auf die Suche nach Beweisen für die Nichtigkeit des Patents. Der 1999 gewährte staatliche Schutz des 1-Click-Systems gilt Kritikern seit langem als Paradebeispiel für Trivialpatente, welches das US-Patentamt auf Software und computergestützte Geschäftsmethoden vergibt. Es war mit der Auslöser für eine bis heute andauernde Debatte über Softwarepatente in den USA und weit darüber hinaus.

Bislang verliefen jedoch alle Versuche, das Patent zu kippen, im Sande. Der Konkurrent Barnes & Noble etwa scheiterte bereits in den Hochzeiten der New Economy mit einer diesbezüglichen Klage gegen Amazon.com. Der Verleger Tim O'Reilly kam mit seinem Protest ebenfalls nicht weit: Amazon-Gründer Jeff Bezos räumte zwar ein, dass die Prüfungsqualität beim US-Patentamt verbesserungswürdig sei und schrieb gemeinsam mit O'Reilly sogar einen Wettbewerb aus zur Suche nach Prior Art zum 1-Click-Patent. Die entsprechende Unternehmung BountyQuest führte zwar zu vielen relevanten Einsendung, endete jedoch ohne die gesuchte "Killer-Applikation" gegen den Monopolanspruch.

Auch bei der Jagd nach Anhaltspunkten für die Widerlegung mehrerer "unseriöser" Trivialpatente im Namen der Electronic Frontier Foundation (EFF) beim so genannten Patent Busting Project steht das 1-Click-Patent an vorderster Stelle. Vorangekommen mit ihrer Beweissammlung sind die Bürgerrechtler in diesem Fall jedoch noch nicht wesentlich. In Europa laufen zudem seit längerem Einsprüche gegen einen Ableger des umstrittenen Patents zum Einlösen von Geschenkgutscheinen beim Europäischen Patentamt. Auf die Nichtigkeit des Anspruchs gemäß dem Europäischen Patentübereinkommen setzen etwa Fleurop, die Gesellschaft für Informatik sowie der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur.

Calveleys Vorstoß scheint Patentexperten aussichtsreich. Ein Problem hat der Neuseeländer aber: Ihm fehlt gegenwärtig das Geld für die Begleichung der Einspruchgebühr in Höhe von 2520 US-Dollar. Er bittet daher noch um Spenden. Sollte sein Antrag angenommen werden, hofft er zudem, dass auch andere Kritiker des Patents weitere Beweise für dessen Schwächen zuliefern. (Stefan Krempl) / (anw)