RoboCup Dutch Open: Middle Size startet auf überraschend hohem Niveau

Am heutigen Donnerstag fanden die ersten Wettkämpfe statt, die von einem großem Publikum begeistert verfolgt wurden. Weiterhin gibt es ein großes technologisches Entwicklungspotenzial .

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske
  • Daniel Bachfeld

Messestände mit Musikbeschallung sind der Schrecken all derjenigen, die an den Nachbarständen und Snackbars ausharren und hundertmal am Tag die gleichen Stücke hören müssen. Sie fehlen auch bei den RoboCup Dutch Open in Eindhoven nicht, wo heute die ersten Wettkämpfe begonnen haben. An einem Stand der Technical University Eindhoven können Besucher Töne erzeugen, indem sie Hände oder Füße über farbige Lampen halten. Je nach Musikalität der Akteure passt das zur gleichzeitig laufenden Hintergrundmusik -- oder auch nicht.

RoboCup 2012 Eindhoven (5 Bilder)

Trommelwirbel

Die von Servos gesteuerten Trommelschläge kommen taktgenau -- aber irgendwie fehlt was, wenn kein verschwitzter Drummer im Muskelshirt hinter der Schießbude sitzt.

Auf einer Bühne hat das Center for Concepts in Mechatronics eine vollautomatische Band mit Schlagzeug, Gitarre und Panflöte aufgebaut. Die Trommelstöcke werden komplett mit Servomotoren bewegt, das Drücken und Zupfen der Saiten erfolgt mithilfe von Aktuatoren, ebenso das Bewegen und Blasen der Flöte. Es ist faszinierend zu beobachten, wie aus dieser komplizierten Installation doch recht harmonische Klänge hervorgehen. Dennoch dürften viele RoboCup-Teilnehmer froh sein, dass die begleitende Ausstellung bereits heute endet. Danach werden wieder die gewohnten Geräusche die Veranstaltung prägen: Das Rauschen, mit dem sich die rollenden Roboter der Middle Size League über das Spielfeld bewegen; das Klacken ihrer Kickmechanismen; der Jubel von Zuschauern und Teilnehmern.

Bereits die ersten Testspiele wurden gestern von einem erstaunlich zahlreichen Publikum begeistert verfolgt, obwohl selbst Spitzenteams wie Tech United mit den üblichen Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hatten und der Spielbeginn sich um mehr als eine halbe Stunde verzögerte. Heute, am ersten Tag der Wettkämpfe, spielen die Teams bereits auf einem bemerkenswert hohen Niveau, zeigen eine sichere Ballführung, gute Kooperation und vor allem viele Pässe, auch aus dem Spiel heraus. Letzteres wurde durch neue Spielregeln erzwungen, die kein Dribbling über die Mittellinie hinaus erlauben. Um in die gegnerische Hälfte zu gelangen, müssen die Roboter den Ball zu einem Mitspieler passen.

So zeigt sich schon jetzt, dass diese Liga immer noch ein großes technologisches Entwicklungspotenzial hat. Die Teilnahme ist für die Teams jedoch mit hohen Kosten verbunden, sowohl für die Entwicklung und Instandhaltung der Roboter als auch für deren Transport zu den Turnieren. Zugleich sind diese Kosten gegenüber Geldgebern immer schwerer zu rechtfertigen. Das Fußballspiel scheint seriöser Forschung zu widersprechen, obwohl hier grundlegende Verfahren erprobt werden, mit denen Roboter auch in anderen, dynamisch sich ändernden Situationen ihren Weg finden können.

Ein intensiverer Austausch zwischen den verschiedenen RoboCup-Ligen könnte helfen. So weisen Mitglieder des Middle-Size-Teams von Tech United darauf hin, dass die fürs Fußballspiel entwickelte Plattform auch in dem neuen Roboter zum Einsatz kommt, der am Wettbewerb der RoboCup@home League für Haushaltsroboter teilnimmt. Umgekehrt könnten Technologien, die für RoboCup@home entwickelt wurden, den Fußballwettbewerb bereichern, etwa Verfahren zur Interaktion zwischen Mensch und Maschine. Bislang müssen die Kommandos des Schiedsrichters noch per Mausklick auf einem Computer eingegeben werden, damit die Roboter sie verstehen. Wenn das Ziel des RoboCup, bis zum Jahr 2050 mit humanoiden Robotern den menschlichen Fußballweltmeister zu schlagen, weiterhin gültig ist, müssten die Roboterspieler aber früher oder später in der Lage sein, direkt auf die Pfiffe und Anweisungen des Schiedsrichters zu reagieren.

Bei den Simulationswettbewerben ist das kein Problem. Schließlich findet die gesamte Aktion im Computer statt, der das Spiel sofort stoppt, wenn der Ball die Aus- oder Torlinie überquert hat, die Treffer zählt und die Spielzeit auf die Millisekunde genau überwacht. Vieles ist eben einfacher in der virtuellen Realität, daher machen es sich die Teams auf andere Weise schwerer. So wurden heute in der 3-D-Simulation erstmals Testspiele mit elf gegen elf Nao-Robotern auf einem 20 mal 30 Meter großen Spielfeld durchgeführt. Das lief weitgehend problemlos, sodass wahrscheinlich auch die regulären Wettbewerbe mit Teams von elf Spielern ausgetragen werden. Klaus Dorer vom Team Magma Offenburg hofft auch, im Laufe des Turniers das Pass-Spiel der simulierten Roboter noch verbessern zu können.

In der Rescue Robot Simulation sind nur zwei Teams angereist, sodass nicht mit einem packenden Wettbewerb zu rechnen ist. Dennoch dürfte es spannend zu beobachten sein, wie ein Operator bis zu acht Roboter durch eine recht komplexe virtuelle Umgebung mit vielen Stolperfallen dirigiert.

(dab)