"Erosion des Datenschutzes befürchtet"
Der Landesdatenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg warnte davor, "die Lösung von Problemen zunehmend und einseitig auf dem Rücken des Datenschutzes auszutragen".
Der Datenschutz darf nach Ansicht des dafür baden-württembergischen Landesbeauftragten für den Datenschutz Peter Zimmermann in Folge spektakulärer Kriminalfälle nicht geschwächt werden. Er warne davor, die Lösung von Problemen zunehmend und einseitig auf dem Rücken des Datenschutzes auszutragen, meinte Zimmermann bei der Vorstellung des 26. Jahresberichts: "Tragende Prinzipien des Datenschutzes würden auf diese Weise immer mehr preisgegeben." Unter "Hinweis auf eine tatsächliche oder vermeintliche Gefährdung der inneren Sicherheit" würden "viele Hemmungen fallen gelassen, die noch vor Jahre für einen vernünftigen Ausgleich der Sicherheitsbelange mit den Bürgerrechten gesorgt haben", kommentierte Zimmermann die aktuelle Situation.
Beispiele für die Erosion des Datenschutzes sind für den baden-württembergischen Datenschutzbeauftragten nicht nur die Pläne der EU zur Vorratsspeicherung von Telekommunikations-Verbindungsdaten, sondern etwa auch die vorgeschlagene Nutzung der LKW-Mautdaten zur Fahndung. "Zuerst wird nur für ganz bestimmte Zwecke eine neue Technik eingeführt; ist die Technik erst mal da, wird unter Hinweis auf die unausweichliche Notwendigkeit der Bekämpfung schwerster Straftaten der Verwendungszweck ausgedehnt", meinte Zimmermann. Und wer es wage zu widersprechen, dem werde vorgeworfen, er verhindere Sinnvolles. "Ist der Damm dann gebrochen, heißt es, es wäre doch schade, die vorhandenen Daten nicht auch zur Bekämpfung der mittleren Kriminalität nutzen zu können."
Zimmermann kritisierte auch den Koalitionsvertrag zur Bildung der schwarz-roten Bundesregierung, in dem es heißt, es gelte zu überprüfen, "inwieweit rechtliche Regelungen etwa des Datenschutzes einer effektiven Bekämpfung des Terrorismus und der Kriminalität entgegenstehen". Zimmermann meinte: "Die Grundrechte sind nun einmal nicht beliebig disponibel." Durch die aktuellen Vorhaben würden die individuellen Bürgerrechte aber stetig ausgehöhlt.
Der Landesdatenschutzbeauftragte hob zudem einzelne Punkte hervor, bei denen er über die aktuelle Diskussion zur inneren Sicherheit und zur Terrorismusbekämpfung hinaus Gefahren für den Datenschutz sieht. So kritisierte er etwa das Ticket-System für die Fußball-WM 2006: Für den Erwerb von Eintrittskarten würden zu viele personenbezogene Daten erfasst; dadurch könnten von Neigungsprofile von Bürgern erstellt werden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum rund 250.000 Hilfskräfte, Journalisten und Betreuer vor der WM nicht nur von der Polizei, sondern auch vom Verfassungsschutz auf Zuverlässigkeit überprüft werden müssten. Auf Länderebene bedürfe etwa die so genannte Arbeitsdatei "Politisch motivierte Kriminalität" dringend einer grundlegenden Überarbeitung. Als positiv bewertete Zimmermann die grundsätzliche Bereitschaft der öffentlichen Stellen, sich beim Datenschutz durch den Landesbeauftragten beraten zu lassen.
Siehe dazu auch: (jk)
- 26. Tätigkeitsbericht 2005 des baden-würrtembergischen Landesbeauftragten für den Datenschutz