New York Times sperrt britische Leser aus

Geografisch gefilterte Nachrichten bei der New York Times: Die Zeitung blockierte den Zugriff für britische Internetnutzer auf einen Artikel zum Ermittlungsstand über den verhinderten Anschlag in Großbritannien.

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Von
  • Florian Rötzer

Um rechtliche Probleme zu umgehen, hat sich die New York Times am Wochenende entschieden, eine bislang ungewöhnliche Maßnahme zu ergreifen: Ein Artikel wurde in der Druckausgabe und im Internet nicht allen Lesern zugänglich gemacht. In Großbritannien ist es verboten, Informationen, die vor dem Gericht als Beweise dienen können, vor dem Prozess der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Die New York Times wollte am Sonntag einen Artikel über den verhinderten Terroranschlag in Großbritannien veröffentlichen (Details Emerge in British Terror Case), in dem anonym bleibende Informanten aus Sicherheitskreisen den aktuellen Erkenntnisstand der Ermittlung schilderten. Vor der Veröffentlichung wurde der Rechtsberater der Zeitung gefragt, der wegen der britischen Rechtslage dazu riet, den Artikel für Leser in Großbritannien unzugänglich zu machen.

Aus diesem Grund enthielt die internationale Printausgabe der Sonntagsausgabe, die nach Großbritannien geliefert wurde, diesen Artikel nicht. Den Internetnutzern aus Großbritannien wurden aufgrund der Einordnung ihrer IP-Adresse der Zugang zu dem Artikel gesperrt – für die Zuordnung nutzte die Zeitung ein Programm zur regionalen Zuordnung von Werbung. Die ausgeschlossenen Leser konnten lediglich den Hinweis lesen, dass sie wegen der britischen Gesetze den Artikel nicht aufrufen können.

Am Dienstag berichtete die New York Times dann über ihre Entscheidung. Man müsse die Gesetze des Landes respektieren, das ebenfalls eine freie Presse habe, auch wenn die Pressefreiheit eingeschränkter als in den USA sei, heißt es von Seiten der New York Times, die wohl vornehmlich finanzielle Einbußen befürchtete.

Die Entscheidung des Medienkonzerns mag von Gerichten als ausreichend akzeptiert werden, um britisches Recht einzuhalten. Allerdings könnte sie die Folge haben, dass auch andere Staaten nun Medien unter Druck setzen, bestimmte Inhalte für ihre Bürger nicht zugänglich zu machen. So könnte die New York Times zum Vorreiter für Zensur auch im Dienste von totalitären Staaten werden, überdies eine Einteilung des Internets in Zonen durch Aufrichtung von virtuellen Mauern die Folge sein. Internetnutzer müssten dann möglicherweise damit rechnen, dass in Zukunft Online-Ausgaben von der New York Times und anderen Medien jeweils für die nationale Rechtsprechung in den USA, in China, Saudi-Arabien, Iran oder Deutschland zugeschnitten werden.

Siehe dazu auch in Telepolis: (fr)