Piraten ziehen ins dritte Landesparlament ein

Die Piratenpartei erreicht in Schleswig-Hostein 8,2 Prozent und liegt damit gleichauf mit der FDP. Die Chancen stehen gut, dass es die Piraten auch in den Landtag von Nordrhein-Westfalen schaffen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 591 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Die Piratenpartei ist in Schleswig-Holstein in das dritte Landesparlament hintereinander eingezogen. Die erst 2006 gegründete Partei war im vergangenen September mit 8,9 Prozent ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt worden. Bei der Landtagswahl im Saarland Ende März schaffte sie mit 7,4 Prozent den Sprung in den Landtag.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die Piratenpartei in Schleswig-Holstein auf 8,2 Prozent (+6,4 Prozentpunkte). Sie liegt damit gleichauf mit der FDP, die ebenfalls mit 8,2 Prozent (–6,7 Prozentpunkte) wieder in den Landtag einzieht, nachdem sie in Umfragen lange unter der auch für den schleswig-holsteinischen Landtag geltenden 5-Prozent-Hürde gelegen hatte. Für die Piraten, die 6 Sitze erhalten werden, zieht auch die ehemalige Grünen-Parteivorsitzende Angelika Beer in den Landtag ein: Sie hatte auf Platz sechs der Landesliste kandidiert.

Stärkste Partei in Schleswig-Holstein ist die CDU mit 30,8 Prozent (–0,7 Prozentpunkte). Knapp dahinter liegt die SPD mit 30,4 Prozent (+5 Prozentpunkte). Die Grünen sind drittstärkste Kraft mit 13,3 Prozent (+0,8 Prozentpunkte). Der SSW (Südschleswigsche Wählerverband, die Partei der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein) kommt auf 4,6 Prozent (+0,3 Prozentpunkte); er unterliegt als Vertretung einer Minderheitengruppe nicht der 5-Prozent-Klausel. Die Regierungsbildung wird insgesamt schwierig. Die bisherige schwarz-gelbe Koalition hat auf jeden Fall keine Mehrheit mehr, für eine rot-grüne Regierung reicht es aber ebenfalls nicht. Eine Koalition aus SPD, Grünen und SSW hätte eine ganz knappe Mehrheit. Die Bildung einer großen Koalition aus SPD und CDU lehnte der SPD-Landeschef Torsten Albig in ersten Reaktionen auf das Wahlergebnis ab.

Umfragen zufolge haben die Piraten Chancen, auch bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen am kommenden Sonntag (13. Mai) den Einzug ins Parlament zu schaffen: Im bevölkerungsreichsten Bundesland steht die Partei derzeit bei rund 8 Prozent. Bundesweit kommt sie auf einen Wert von mehr als 10 Prozent.

Bei der Bundestagswahl 2009 hatten die Piraten 2,0 Prozent der Wählerstimmen bekommen, waren aber die bei Weitem stärkste Kraft unter den kleineren Parteien und Gruppierungen. Inhaltlich haben sich die Piraten vor allem an Internetthemen, den freien Austausch im Netz und der Urheberrechtsdebatte entwickelt, engagieren sich aber auch für Themen wie ein bedingungsloses Grundeinkommen. Großes Thema der Piraten ist die Transparenz, die in die Politik einziehen soll.

So betonte auch Torge Schmidt, Spitzenkandidat der schleswig-holsteinischen Piraten, nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses: "Wir werden zeigen, wie man Politik bürgernah und transparent gestalten kann." Eine Regierungsbeteiligung schloss er derzeit aber aus; es wäre "wahrscheinlich unverantwortlich", wenn die Partei angesichts des Status, in dem sie derzeit sei, in eine Regierungsverantwortung streben würde. "Bernd Schlömer, vor Kurzem neu gewählter Bundesvorsitzender der Piratenpartei, erklärte: "Der Wahlerfolg in Schleswig-Holstein zeigt, dass die Piraten den Bürgern die richtigen Konzepte bieten. Es ist nicht der Protest, der uns die Wähler zutreibt, sondern das Versagen der etablierten Parteien, die es nicht schaffen, den Bürger am politischen Geschehen teilhaben zu lassen."

In vielen Punkten hat die Partei allerdings noch keine Positionen – diese sollen jedoch nicht von Gremien oder Einzelpersonen festgelegt, sondern in basisdemokratischen Prozessen von der Gesamtpartei entwickelt werden. Dies führt allerdings dazu, dass auch bei Kernthemen immer wieder Widersprüche und unklare Positionen auftauchen. Die Partei hat inzwischen mehr als 22.000 Mitglieder; zuletzt war immer wieder über rechtsradikale Tendenzen einzelner Mitglieder debattiert worden – der Bundesparteitag der Piraten hatte sich aber in einem Beschluss etwa von Holocaust-Leugnern distanziert. (jk)