Elektronische Fußfessel für Langzeitarbeitslose -- mit Bewährungsstrafe?

Die elektronische Fußfessel ist bei Politikern sehr beliebt, gilt sie doch als Allheilmittel im Kampf etwa gegen Schulschwänzer und radikale Islamisten. Aber möglicherweise nicht nur in diesen Bereichen.

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Von
  • Detlef Borchers

Die elektronische Fußfessel ist bei Politikern sehr beliebt, gilt sie doch als Allheilmittel im Kampf etwa gegen Schulschwänzer und radikale Islamisten. Nun sorgt ein Bericht der Netzeitung von gestrigen Mittwoch für eine fesselnde Diskussion: Danach hat der hessische Justizminister Christean Wagner (CDU) auf der CeBIT über den Einsatz der Fußfessel zur Disziplinierung von Langzeitarbeitslosen räsoniert. Als Hilfe zur Selbsthilfe soll die elektronische Überwachung den Tagesablauf unter Kontrolle bringen.

Gegen diese Aussage protestierte nunmehr das Leipziger Aktionsbündnis Soziale Gerechtigkeit mit einer Mitteilung. Auf diese Erklärung reagierte wiederum die Pressestelle des hessischen Justizministeriums und ergänzte die Aussage des Ministers um den Passus, dass nur die zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Langzeitarbeitslosen gemeint seien. In der offiziellen Lesart lautet die Aussage des Innenministers nun: "Die elektronische Fußfessel bietet damit auch zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Langzeitarbeitslosen und therapierten Suchtkranken die Chance, zu einem geregelten Tagesablauf zurückzukehren und in ein Arbeitsverhältnis vermittelt zu werden."

Die Anwendung der elektronischen Fußfessel bei Langzeitarbeitslosen ohne den eingrenzenden Passus "zu einer Bewährungsstrafe verurteilten" findet sich indes in dem zur CeBIT veröffentlichten Bericht zum Einsatz der Fessel, auf den Telepolis Anfang der Woche hinwies. Beim hessischen Justizministerium hieß es damals ohne Einschränkung: "Die elektronische Fußfessel bietet auch Langzeitarbeitslosen und therapierten Suchtkranken die Chance zu einem geregelten Tagesablauf zurückzukehren und in ein Arbeitsverhältnis vermittelt zu werden. Dies ist von besonderer Wichtigkeit, denn viele Probanden haben es verlernt, nach der Uhr zu leben und gefährden damit gerade auch ihren Arbeitsplatz oder ihre Ausbildungsstelle. Durch die Überwachung mit der elektronischen Fußfessel kann eine wichtige Hilfe zur Selbsthilfe geleistet werden."

Der von hessischen Politikern behauptete Erfolg beim Einsatz der elektronischen Fußfessel wird allerdings von Fachleuten aus der Bewährungshilfe seit Jahren kritisch kommentiert. Der Erfolg rühre nicht aus dem Einsatz der Technik her, sondern aus dem Betreuungsschlüssel, bei dem ein Justizmitarbeiter für drei bis fünf mit der Fessel überwachte Personen zuständig ist. Eine derartige Quote ist bei den die Langzeitarbeitslosen betreuenden "Fallmanagern" völlig utopisch.

Siehe dazu auch in Telepolis:

(Detlef Borchers) / (jk)