Urheberrechtstreit: Mehr Öl ins Feuer

In der aktuellen Debatte über das Urheberrecht führt die VG Wort in einem Papier die eigene Position aus. Unter anderem werden "Fair-Use" und eine Verkürzung der Schutzfristen abgelehnt.

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Mit einem Positionspapier (PDF-Datei) hat die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) Stellung zur aktuellen Debatte über das Urheberrecht genommen. Unterzeichnet ist die Erklärung, die am gestrigen Mittwoch veröffentlicht wurde, von den beiden hauptamtlichen Geschäftsführern. Sie verteidigen darin nicht nur das bestehende Urheberrecht, sondern beziehen auch in mehreren damit zusammenhängenden Debatten Position.

Gleich zu Beginn erklärt die VG Wort, dass die Grundsätze des Urheberrechts die schutzwürdigen Interessen des Urhebers angemessen mit denen der Allgemeinheit in Einklang brächten. Es gebe genügend Spielraum, um neue Werke zu schaffen, die auf vorhandenen aufbauen. Außerdem könnten Urheber mit Creative-Commons-Lizenzen einer Bearbeitung zustimmen. Eine gesetzliche Beschränkung des Urheberrechts, beispielsweise zu Gunsten von "Mashups" oder "Remixes", sei nicht notwendig. Die "Fair-Use"-Regelung nach US-amerikanischen Muster, wie sie in dem Zusammenhang oft genannt wird, lehnt die VG Wort dagegen ab. Sie führe zu Rechtsunsicherheit und sehe vor allem keine Vergütung für vielleicht erlaubte Werknutzungen vor.

Ausgeführt wird weiterhin, dass analoge und digitale Privatkopien bereits erlaubt seien. Die Urheber würden dafür dank erhobener Pauschalen finanziell vergütet. Dieses System bezeichnet die VG Wort als einfach und nutzerfreundlich, ohne jedoch auf die Gängelung der Nutzer durch Kopierschutzsysteme einzugehen.

Die Lücke im Buchangebot von Amazon.com

(Bild: Paul Heald)

Gesondert behandelt der Text die Diskussion über Schutzfristen. Eine angestrebte Verkürzung stoße auf völliges Unverständnis der Urheber. Eine Verkürzung würde das geistige Eigentum deutlich entwerten, ohne von wirklichem Vorteil für die Allgemeinheit zu sein. Dem widerspricht jedoch eine Studie, in der für die USA die Verfügbarkeit von Büchern beim Online-Versand Amazon untersucht wurde. Eine vorab veröffentlichte Grafik verdeutlicht, wie unterschiedlich die Anzahl an verfügbaren Titeln ist, vergleicht man Epochen, in denen die Schutzfristen greifen mit denen, in denen sie das nicht mehr tun.

Weiterhin sollten die Interessen der Nutzer laut der VG Wort nicht als Schutzgegenstand des Urheberrechts angesehen werden. Stattdessen sollten sie durch neue Geschäftsmodelle befriedigt werden. Die vergangenen Jahre hätten immer wieder neue Angebote gesehen, die auf den Markt gebracht wurden. Die VG Wort meint, kaum ein Nutzer könne sich heute noch darüber beschweren, dass ihm Bücher, Musik und Filme nicht in digitaler Form einfach und bezahlbar angeboten würden.

Illegalen Downloads Einzelner sollte mit Augenmaß begegnet werden.

Zum Abschluss plädiert das Papier noch für mehr Aufklärung über die Grundsätze des geistigen Eigentums. Es gebe keinen Anlass, nachsichtig zu sein gegenüber Urheberrechtsverletzungen, die im großen Stil und kommerziell betrieben werden. Illegale Downloads von einzelnen Nutzern seien zwar auch nicht akzeptabel, ihnen müsste aber mit Augenmaß begegnet werden.

Mit dem Positionspapier schaltet sich die VG Wort in eine Diskussion ein, die durch einen offenen Brief von Dutzenden Urhebern wieder an Fahrt gewonnen hat. Vor allem im Netz hat dieser Aufruf viele Reaktionen provoziert.

Der innen- und kulturpolitische Sprecher der Berliner Piratenfraktion Christopher Lauer drückte per Twitter sein Unverständnis für die Aktion aus. Gleichzeitig fordert er in Richtung der Urheber jedoch eine Handreichung. Der IT-Rechtsanwalt Thomas Stadler wiederum erläutert in einer Reaktion Unterschiede zwischen Eigentum und geistigem Eigentum. Danach plädiert er für eine sprachliche Abrüstung und drückt seine Hoffnung auf eine sachliche Debatte aus. Der Journalist Ilja Braun beleuchtet mit Matthias Landwehr den Verantwortlichen für die Seite wir-sind-die-urheber.de. Das Politikmagazin Cicero hatte den Literaturagenten, dessen Tätigkeit in der Branche besonders kritisch beäugt werde bereits vor drei Jahren porträtiert. Auf dem Blog Netzpolitik wird spekuliert, dass der propagierte Schulterschluss zwischen Urhebern und Verwertern nur zeige, wie sehr diese "Front am Bröckeln ist". (mho)