Verfassungsschutz soll auf Computer übers Internet zugreifen dürfen

Die von der Regierung in NRW geplante Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes erweitert die Auskunftsbefugnisse des Geheimdienstes erheblich.

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Von
  • Florian Rötzer

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) hat den Entwurf für ein neues Verfassungsschutzgesetz vorgestellt, das es ermöglicht, eine ganze Reihe von Sonderbefugnissen, die dem Verfassungsschutz im Rahmen der Terrorbekämpfung zugestanden wurden, erheblich zu erweitern. Nun sollen auch die Aktivitäten inländischer Terrorzellen im Internet überwacht werden können, weil sich die Sicherheitslage mit den misslungenen Terroranschlägen verändert habe: "Bisher war die Terror-Gefahr abstrakt. Jetzt ist sie konkret", sagte der Innenminister.

Die Auskunftsbefugnisse werden, wie es im Innenministerium heißt, in einem "ausgewogenen Verhältnis zwischen Bürgerrechten und Befugnissen des Verfassungsschutzes" erweitert und an die "die neue Bedrohung durch so genannte "Home-grown-Netzwerke" angepasst". Nach dem Vorhaben soll der Verfassungsschutz Auskünfte von Banken, Fluglinien, Postdiensten und Telekommunikationsunternehmen auch in Bezug auf "inländischen Terroristen" verlangen können. Wolf versichert: "Es ist nur der Extremist betroffen, von dem schwerwiegende Gefahren ausgehen – wie etwa ein geplanter Anschlag auf eine Synagoge." Der Verfassungsschutz habe dabei keine freie Hand, die G-10-Kommission des Parlaments müsse jeder Maßnahme zustimmen.

Dabei soll der Verfassungsschutz aber auch auf Rechner von mutmaßlichen Terroristen über das Internet zugreifen können, die Rede ist vom Zugriff auf "Internet-Festplatten": "Die verstärkte Beobachtung der modernen Kommunikationswege des Internets ist unverzichtbar im Hinblick auf ihre zunehmende Bedeutung für den internationalen Terrorismus", meinte Wolf. Das sei bereits seit 1994 im Verfassungsschutzgesetz NRW verankert. Notwendig werde der Zugriff auf das Internet, da die mutmaßlichen Terroristen im Internet nach Anleitungen zum Bau von Bomben gesucht hätten.

Konkret heißt es in der Gesetzesvorlage, dass die Verfassungsschutzbehörde folgende Maßnahmen anwenden darf: "heimliches Beobachten und sonstiges Aufklären des Internets, wie insbesondere die verdeckte Teilnahme an seinen Kommunikationseinrichtungen beziehungsweise die Suche nach ihnen sowie der heimliche Zugriff auf informationstechnische Systeme auch mit Einsatz technischer Mittel."

Der Landtag berät am heutigen Donnerstag das erste Mal über den Entwurf zur Änderung des Verfassungsschutzgesetzes. Heftige Kritik kam bereits von Seiten der SPD. Karsten Rudolph, der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, warnt davor, dass der Verfassungsschutz damit die ihm im Rahmen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus eingeräumten Kompetenzen auf alle Bereiche ausdehnen könnte. Den Zugriff auf private Rechner bezeichnete er, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, in einem Telefonat mit Hartwig Möller, dem Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, als "staatlich organisierten Hausfriedensbruch" und "verfassungswidrig". Möller wies diese Kritik zurück, da die Rechte des Verfassungsschutzes nicht erweitert, sondern nur transparenter gemacht würden. Innenminister Wolf warf der SPD vor, die Änderungen des Verfassungsschutzgesetzes nicht verstanden zu haben und die Menschen "durch falsche Behauptungen zu verunsichern".

Siehe dazu auch: (fr)