Lizenzunstimmigkeiten um die CD- und DVD-Brennprogramme von Linux [Update]

Nachdem Teile der von zahlreichen grafischen CD- und DVD-Brennprogrammen unter Linux verwendeten cdrtools unter eine andere Lizenz gestellt wurden, planen einige Entwickler nach diversen Lizenz-Streitigkeiten nun den Start einer eigenen cdrtools-Variante.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Um die von zahlreichen grafischen CD- und DVD-Brennprogrammen unter Linux verwendeten Programme der cdrtools gibt es Streitigkeiten, seit deren Autor Jörg Schilling, der auch an einer eigenen OpenSolaris-Distribution mit dem Namen Schillix arbeitet, in neueren Versionen des Pakets nach und nach einige Teile unter die Open-Source-Lizenz CDDL (Common Development and Distribution License) stellte. Laut einigen Entwicklern sei dieser Lizenz-Mix nicht zulässig; sie erwägen daher eine eigene Variante der cdrtools zu pflegen und haben einen Fork initiiert.

Die Debian-Entwickler kritisierten bereits Ende Januar dieses Jahres in einem Bugreport, dass zahlreiche Makefiles der vorher unter der GPL stehenden Programmsammlung mit cdrecord, mkisofs, cdda2wav und einigen weiteren Kommandozeilen-Anwendungen und Software-Biblioteken nun unter der CDDL stehen würden. Das sei nicht zulässig, da laut Abschnitt 3 der GPL auch alle Skripte zum Kompilieren von GPL-Programmen unter der GPL stehen müssten. Der cdrtools-Tools-Autor sah das jedoch anders und bezeichnet das cdrtools-Paket als Distribution verschiedenster Werke, von denen das unter der CDDL stehende "Schily Makefilesystem" nur ein Teil sei.

Die CDDL wurde von Sun unter anderem für die Freigabe von Open Solaris entwickelt. Die Free Software Foundation (FSF) rät von ihrem Einsatz ab und betont, dass die CDDL inkompatibel zur GPL sei. Daher kann auch kein ausschließlich unter einer der beiden Lizenzen freigegebener Quellcode zwischen dem unter GPL stehenden Linux und dem CDDL-lizenzierten Open Solaris ausgetauscht werden.

Mit den jüngsten Versionen der cdrtools weiteten sich die Lizenzstreitigkeiten dann aus, nachdem Schilling viele der Bestandteile der cdrtools unter der CDDL relizenzierte – darunter auch cdrecord und die von zahlreichen der Programme benutzte Software-Bibliothek libscg. Mkisofs verblieb jedoch unter der GPL, da Schilling nicht der einzige Copyright-Inhaber ist und die Lizenz daher nicht alleine wechseln kann. Das Programm benötigt aber die libscg, was möglichwerweise gegen die GPL verstößt: Nach Ansicht der FSF verbietet die GPL auch das Linken von Code, der unter GPL und inkompatiblen Lizenzen steht, zur Laufzeit. Viele Bibliotheken im Linux-Umfeld stehen daher unter der LGPL, die diese Erlaubnis explizit erteilt.

Die Unstimmigkeiten zwischen den beiden Parteien vergrößerten sich im Laufe der Zeit, und der Debian-Bugreport wuchs zu stattlicher Größe. Auch auf den Mailinglisten ging es hoch her – dort findet sich auch ein 9-Punkte-Plan von Schilling zur Lösung der Problematik, in dem er den Rauswurf eines Debian-Entwicklers fordert. Auch andere Distributionen und einige Linux-Sites nahmen sich der Lizenzierungsfrage an – so entfernten etwa die Fedora-Entwickler aus dem Development-Zweig die Version mit CDDL-Bestandteilen und wechselten zur letzten Ausgabe mit GPL-Lizenz.

Die Debian-Entwickler planen nun wohl einen neuen cdrtools-Fork, der auf der letzten komplett unter der GPL stehenden Variante der cdrtools aufsetzt – sie richteten dafür bereits eine Mailingliste und ein Subversion-Repository ein. Derzeit läuft der Fork unter dem Namen debburn; die erste Mail auf der Mailingliste lädt interessierte Entwickler zur Mitarbeit ein und betont, dass der Name nur vorrübergehend sei und man mit anderen Distributionen zusammenarbeiten wolle. An die wurden wohl parallel schon Anfragen gesendet. Auf Nachfrage bestätigte auch Novell/Suse, dass man die Problematik im Auge habe und in nächster Zeit über Konsequenzen diskutieren wolle.

Die jĂĽngsten Debatten um die Lizenzierung der cdrtools sind nicht die ersten; bereits vor zwei Jahren gab es einmal Streitigkeiten um in einigen Distributionen verwendete Erweiterungen der cdrtools, die dem Autor des Programms nicht recht waren. Daraufhin fĂĽgte er eine spezielle ĂśberprĂĽfung im Code hinzu, die von einigen Debian-Entwicklern als GPL-inkompatibel eingestuft wurde und auch nach einer Anpassung erneut zu Debatten fĂĽhrte. (thl)