EU kämpft für Stärkung des geistigen Eigentums auf allen politischen Ebenen

Nach der Aufnahme spezieller Dialoge mit China, Russland und lateinamerikanischen Ländern will die EU-Kommission nun etwa auch im Rahmen der UN die internationale Durchsetzbarkeit von Immaterialgüterrechten verbessern.

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Nach der Aufnahme spezieller Dialoge über Urheber-, Patent- und Markenrechte mit China, Russland und lateinamerikanischen Ländern will die EU-Kommission nun unter anderem auch im Rahmen der UN die internationale Durchsetzbarkeit geistigen Eigentums verbessern. Man arbeite auf allen politischen Ebenen an der Bekämpfung der Produktpiraterie und der stärkeren Achtung von Immaterialgüterrechten, erklärte Pedro Velasco Martins von der Handelsabteilung der Brüsseler Behörde vergangene Woche auf einer Konferenz des Wirtschaftsausschusses der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) in Genf. Laut einem Bericht des Fachdienstes Intellectual Property Watch beziehe sich die Lobbyarbeit für geistige Eigentumsrechte dabei auf Maßnahmen innerhalb der EU genauso wie auf bilaterale Handelsgespräche sowie Initiativen auf der Ebene multinationaler Organisationen wie der UN, der Welthandelsorganisation (WTO) oder im Kreis der G8-Staaten.

Gerade im internationalen Bereich wird Europa noch vor den USA inzwischen als führend bei der Durchsetzung von Immaterialgüterrechten angesehen. So hat die EU-Kommission etwa bei der WTO eine entsprechende Debatte in der Arbeitsgruppe zur Fortschreibung des umstrittenen TRIPS-Abkommens (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) entfacht und damit Streit ausgelöst. Viele Entwicklungsländer sind nämlich der Ansicht, dass die Durchsetzungsfrage außerhalb des Mandats der Organisation zu stehen habe. Velasco sieht Japan, die Schweiz und die USA aber auf der Seite der EU. Im eigenen Beritt hat die Kommission nach der umstrittenen Richtlinie zur zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte trotz erheblicher Bedenken von vielen Seiten eine inzwischen im EU-Parlament und vom EU-Rat behandelte Ergänzungsdirektive für Strafvorschriften auf den Weg gebracht.

Der Kommissionsvertreter lobte zugleich die "eindrucksvolle Liste" an Zielen rund um den besseren Schutz geistigen Eigentums, welche die führenden Industrienationen auf dem jüngsten G8-Gipfel in Heiligendamm unter der deutschen Präsidentschaft produziert hätten. Besonders hob Velasco dabei die geplante ein Richtung einer Zolldatenbank im Kampf gegen Produktpiraten hervor. Auch bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wolle man das Thema forcieren. Darüber hinaus böte man einzelnen Entwicklungsländern technische Unterstützung beim Aufbau von Systemen rund um Immaterialgüterrechte an. Es fehle aber noch an Sanktionsmöglichkeiten, um den Druck auf nachlässige Länder in diesem Sektor zu erhöhen. Dies sei bisher nur innerhalb der WTO möglich, wo die EU momentan eine Auseinandersetzung der USA mit China zu dergleichen Fragen genau beobachte.

Auch im Rahmen der UN haben die Bemühungen der EU-Kommission und der US-Regierung zu ersten Erfolgen geführt. "Wir achten sowohl auf Aspekte der Kommerzialisierung als auch auf solche der Durchsetzung bei Angelegenheiten rund ums geistige Eigentum im Rahmen allgemeiner wirtschaftlicher Strategien für die innovative Entwicklung und die Stärkung des Wettbewerbs in unseren Mitgliedsstaaten", zitiert IP Watch Andrey Vasilyev, den Direktor der Abteilung für Kooperation und Integration beim UNECE. Vor allem gehe es um die Darstellung herausragender Beispiele zum Schutz und zur Durchsetzung von Immaterialgüterrechten. Ausgangsbasis sei dabei die Annahme, dass ein starkes System etwa rund um Urheber- oder Patentrechte vorteilhaft sei für die nationalen Volkswirtschaften und diese im ersten Schritt überhaupt schutzwürdiges Wissen produzieren und entsprechende Ideen haben.

Einige Teilnehmer der UNECE-Tagung verwiesen aber auch darauf, dass der volkswirtschaftliche Nutzen beispielsweise des Patentwesens zweifelhaft sei und aus einem System zum Schutz geistigen Eigentums nicht jeder Einzelne oder jedes Land automatisch einen Nutzen ziehen könne. Die besonderen Bedingungen in einzelnen Staaten müssen berücksichtigt werden. Das beste System für Immaterialgüterrechte "ist nicht notwendigerweise auf die erdenklich breiteste Definition oder die weitest mögliche Erteilung von Schutzrechten ausgelegt", betonte etwa der polnische UNECE-Sekretär Marek Belka. Vielmehr müsse ein Ausgleich zwischen den Bedürfnissen zur Vergabe temporärer Ausschlussrechte für die Erfinder und denen der Allgemeinheit zur Verbreitung neuen Wissens auch im Interesse künftiger erfinderischer Geister gefunden werden.

Interessen der Entwicklungsländer streiften die rund 80 Teilnehmer der Konferenz nur kurz. Eine Vertreterin der ebenfalls zur Uno gehörenden Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) erwähnte etwa, dass nur ein Prozent der vom Patentkooperationsvertrag ihrer Organisation erfassten gewerblichen Schutzrechte auf das Konto der 46 am wenigsten entwickelten Länder ginge. Man müsse die Frage aufwerfen, was mit den restlichen kreativen Ideen von Erfindern und Forschungseinrichtungen dort passiere. Man müsse auch diesen erlauben, am System der Immaterialgüterrechte teilzunehmen. (Stefan Krempl) / (jk)