Facebooks Börsengang: Anleger zieht vor Gericht

Wurden im Vorfeld des Börsengangs Informationen zurückgehalten? Die Vorwürfe wegen Unregelmäßigkeiten werden immer lauter. Der Kurs stieg zum Start vierten Handelstags wieder.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 161 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • dpa

Der verpatzte Börsengang von Facebook wird offenbar zum Fall für Aufsichtsbehörden und Gerichte. Die US-Börsenaufsicht SEC will die Umstände der Aktienplatzierung untersuchen. Ein Anleger reichte bereits Klage ein. Die Aktie fiel unterdessen immer weiter: Am dritten Handelstag sackte sie um rund 9 Prozent auf 31 US-Dollar ab. Während Facebook und die Alteigentümer 16 Milliarden US-Dollar einnahmen, verlor ein Investor, der ihnen die Aktien zum Ausgabepreis von 38 US-Dollar abgekauft hatte, bis Dienstagabend 18 Prozent seiner Investition – und das trotz massiver Stützungskäufe der beteiligten Banken. Vorbörslich konnte sich das Papier am heutigen Mittwoch auf knapp 31,4 US-Dollar stabilisieren und stieg nach Handesbeginn anfangs auf ungefähr 32 US-Dollar, sackte kurzfristig leicht ab und erreichte dann gegen 10 Uhr New Yorker Zeit erst einmal wieder die Marke von 32 US-Dollar

Insgesamt hat das weltgrößte Online-Netzwerk mit seinen inzwischen mehr als 900 Millionen Mitgliedern einen der schlechtesten Börsengänge der vergangenen Jahre hingelegt. Berichte über Unregelmäßigkeiten rücken Facebook und die am Börsengang beteiligten Banken zudem in ein schlechtes Licht. Die Vorgänge rund um den Börsengang haben die Aufmerksamkeit der US-Finanzaufsicht auf sich gezogen. Einem Bericht des US-Senders CNBC zufolge haben sich die Vorsitzenden der Behörden SEC und FINRA für eine Prüfung ausgesprochen. Auch der US-Bundesstaat soll von Einsicht in Analystenberichte der Facebook-Hauptbank Morgan Stanley gefordert haben, wie Mashable meldet.

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg muss sich auf einen juristischen Schlagabtausch einstellen. Die Kanzlei Glancy Binkow & Goldberg aus Los Angeles hat am Dienstag Klage vor einem kalifornischen Gericht eingereicht. Die Anwälte werfen Facebook und den Banken im Namen ihres Mandanten vor, die Börsenunterlagen schlampig zusammengestellt und wichtige Informationen zum Geschäft und dessen Aussichten verschwiegen zu haben. Die Kanzlei fordert Wiedergutmachung im Namen aller Geschädigten.

Die Kläger werfen Facebook und den Banken vor, verheimlicht zu haben, dass die beteiligten Banken kurz vor dem Börsengang ihre Gewinnprognosen für das Soziale Netzwerk gesenkt hätten. Namentlich werden Morgan Stanley, JPMorgan Chase und Goldman Sachs aufgeführt. Das sind die drei sogenannten "Lead Underwriter", also die maßgeblichen Organisatoren des Börsengangs.

Bei ihren Vorwürfen stützen sich die Anwälte auf US-Medienberichte, unter anderem vom Wall Street Journal. Demnach haben nur eine Handvoll ausgewählter Kunden der Banken erfahren, dass bankeigene Analysten ihre Prognose für die Geschäftsentwicklung Facebooks gesenkt hatten. Entsprechend vorsichtig seien diese Kunden dann beim Kauf von Facebook-Aktien geworden. Morgan Stanley erklärte am Dienstag, alle Regeln eingehalten zu haben. Das Blog Business Insider ging am Dienstag sogar noch einen Schritt weiter: Ein Facebook-Manager habe den Analysten dazu geraten, ihre Vorhersagen nach unten zu korrigieren, hieß es unter Berufung auf eine ungenannte Quelle.

Damit wirkt der Vorwurf, die Banken hätten sich bei der Nachfrage verschätzt und zu viele Papiere auf den Markt geworfen, noch am harmlosesten. Ursprünglich hatte Facebook einen Stückpreis zwischen 28 und 35 US-Dollar angepeilt. Dann jedoch stockte das Unternehmen den Ausgabepreis und die Zahl der Aktien kräftig auf. Nach Informationen des Wall Street Journal war es die Entscheidung von Facebook-Finanzchef David Ebersman, die Zahl der angebotenen Aktien um ein Viertel zu erhöhen. Zuvor habe ihm Morgan Stanley allerdings versichert, dass die Nachfrage sehr hoch sei.

Laut Daten des Anbieters Dealogic, die das Wall Street Journal veröffentlichte, ist kein anderer US-Börsengang im Milliardenbereich seit fünf Jahren so miserabel gelaufen. Das nächst schlechtere Unternehmen, der Vermögensverwalter Och-Ziff, war im Jahr 2007 nach drei Handelstagen auf ein Minus von 13 Prozent gekommen. Unter den Börsenverlierern findet sich auch der enge Facebook-Partner und Spieleentwickler Zynga mit minus 8 Prozent.

Abseits der Aufregung um den Börsengang hat Facebook einen anderen Rechtsstreit in den USA beigelegt: In der Klage gegen die sogenannten "Sponsored Stories" hat das Unternehmen laut einem Gerichtsbeschluss (PDF-Dokument) vom Montag einen Vergleich erzielen können. Nutzer hatten Ende 2011 die Sammelklage angestrengt, weil sie in der Werbeform der Sponsored Stories ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sahen. Dabei handelt es sich um bezahlte Werbung für Unternehmensprofile, bei der Nutzer, die einen "Like" gegeben haben, angezeigt werden, ohne um eine Genehmigung gefragt worden zu sein. (axk)