Weitere Diskussionen um Dokumenten-Formate in Massachusetts

In dem Bundesstaat fand gestern eine Anhörung über die Verwendung offener Dokumentenformate statt, an der unter anderem Vertreter von Microsoft und IBM teilnahmen.

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In der Diskussion um offene Dokumentenformate für öffentliche Einrichtungen in den USA hat Suns Chief Open Source Officer Simon Phipps noch einmal die Bedeutung offener Dokumentenformate wie dem OpenDocument Format (ODF) hervorgehoben. Es sei für künftige Generationen wichtig, dass heute abgespeicherte Dokumente auch später ohne Probleme noch lesbar sind, sagte Phipps laut Medienberichten. Ohne einen stabilen Standard mit großer Akzeptanz könne es sein, dass in Zukunft einige Dokumente nicht mehr zugänglich sind. In diesem Zusammenhang sprach der Sun-Manager von einer "gesellschaftlichen Alzheimer-Krankheit", die verhindert werden müsse.

Phipps machte seine Ausführungen gestern am gleichen Tag, an dem im Massachusetts State House in Boston eine Anhörung des Joint Committee on Economic Development and Emerging Technologies und des Science & Technology Caucus zum Thema ODF stattfand. Der dort anwesende Microsoft-Manager Alan Yates betonte, wenn das für Microsoft Office 12 geplante Format Office Open XML als Standard bestätigt werde, hätten die Anwender die Wahl, und dies sei besser. Die Anwendung von offenen Standards werde sich nicht auf die Umsätze auswirken, sagte Yates, denn das Produkt Microsoft Office sei als solches sehr erfolgreich.

Der Softwarekonzern hatte im November bekannt gegeben, Office Open XML als offenen Standard bei der europäischen Organisation ECMA International anmelden zu wollen. Mancher Beobachter sieht dies als Reaktion auf den Beschluss des US-Bundesstaats Massachusetts, ab 2007 das ODF zu nutzen und proprietäre Lösungen abzulehnen. Nach Microsofts jüngsten Schritten in Richtung offenes Format wurden in Massachusetts Stimmen laut, die Microsoft eine Chance geben wollen. Auch Massachusetts' Chief Information Officer Peter Quinn begrüßte die Bemühungen der Redmonder, und Douglas W. Johnson, der bei Sun für Standards zuständig ist, bescheinigte Microsoft, Microsoft sei offener als zuvor.

Bob Sutor von IBM, der ebenfalls an der Anhörung teilnahm, bezweifelt Vorteile einer Lösung mit mehreren Standards. Es sei besser, einen für alle gültigen Standard zu haben, auf dessen Basis Anwendungen für verschiedene Plattformen entwickelt würden. Bei Office Open XML handele es sich zunächst um ein noch von Microsoft einzulösendes Versprechen, während das OpenDocument-Format bereits heute einsetzbar sei. Der ECMA-Standardisierungsprozess – gegen den einzig IBM gestimmt hat – könne sich über das kommende Jahr hinziehen. Außerdem sei das Microsoft-Format allein von den Redmondern entwickelt worden, während sich an OpenDocument mehrere Unternehmen beteiligt hätten.

Den Vorgängen in Massachusetts wird in der IT-Welt große Bedeutung zugeschrieben. Der Harvard-Professor John Paltry umschrieb die Rolle des Bundesstaates laut Cnet mit dem Bild eines Kanarienvogels in einem Kohlenbergwerk – die Vögel wurden früher eingesetzt, um einen Stollen auf eventuell vorhandene giftige Gase zu testen. Wenn Massachusetts erfolgreich sei, würden andere folgen. Es deutete sich bereits an, dass der von der Organization for the Advancement of Structured Information Standards (OASIS) entwickelte offene Standard für den Austausch von Office-Dateien ODF weltweit immer mehr Anhänger bekommt. (anw)