BYOD verändert das WLAN-Geschäft
Mit BYOD gewinnen drahtlose Netze in Unternehmen noch mehr Bedeutung als bisher. Davon profitieren spezialisierte Anbieter wie Aruba. Auf der vierten europäischen Nutzerkonferenz des Herstellers in Nizza drehten sich viele Ankündigungen direkt oder indirekt um die Integration neuer drahtloser Endgeräte.
Hofft, dass die Softwareprodukte auch in Umgebungen mit Infrastrukturen anderer Hersteller implementiert werden: Duncan Fiskin, Vice President EMEA, Aruba Networks
(Bild: Ariane Rüdiger)
"Steve Jobs war in den letzten 18 Monaten unser wichtigster Umsatzmotor", sagt Duncan Fiskin, Vice President EMEA beim WLAN-Spezialisten Aruba Networks. Tatsächlich setzt der massenhafte Wunsch von Anwendern, ihre eigenen Endgeräte – häufig iPads oder iPhones – auch für Geschäftszwecke einzusetzen, die CIOs erheblich unter Druck und befördert die Ausbreitung neuer drahtloser Technologien. Eine Studie von Aruba bei 737 Anwendern aus der Region EMEA ergab, dass im Nahen Osten bereits 80 Prozent der Organisationen die Verwendung von Anwender-Endgeräten unterstützen. Auch in Nordeuropa liegen die BYOD-Werte (Bring Your Own Device) bei weit über 70 Prozent. Deutschland hinkt mit 48 Prozent BYOD-unterstützenden Organisationen hinterher. Doch Große preschen jetzt voran – so setzt SAP inzwischen auf eine Aruba-basierende WLAN-Strategie, die Mobilgeräte aufteilt nach zertifizierten, die dem Unternehmen gehören und anderen, die Zugriff auf Firmenressourcen über Citrix haben. "Wir müssen heute WLAN einfach überall anbieten", berichtet Stefan Schad, Network Design Engineer im SAP-Hauptsitz in Walldorf. Remote-Access-Points, wie sie Aruba anbietet, seien zudem vorteilhaft, um Aufkäufe schnellstens ins Firmennetz zu integrieren.
Aruba, neben Cisco, Hewlett-Packard und Juniper Networks einer der wichtigsten Lieferanten von Enterprise-WLAN-Equipment, setzt voll auf den neuen Trend. Mit dem Aufkauf von Avenda, einem Spezialisten für Mobile Device Management, und der Avenda-Plattform ClearPass, hat der Hersteller nun Software im Programm, mit der sich mobile Endgeräte unabhängig von Nutzeridentität, Benutzerrolle, Betriebssystem oder Hersteller im Firmennetz detektieren, und nach dem unternehmensinternen Regelwerk sowohl betreiben als auch managen lassen. Der Aufkauf ist Teil einer systematischen Erweiterung des Produktportfolios, mit der Aruba unabhängiger von seinem Kernprodukt, WLAN-Infrastrukturkomponenten, werden will. Denn die Konkurrenten können auf ein weit umfassenderes Portfolio an Lösungen zurückgreifen: Cisco auf seine WAN- und Videotechnik, Juniper ist ebenfalls WAN-Core-Spezialist, und HP ist ohnehin Allrounder. Aruba versucht besonders mit Software für ergänzende Netzfunktionen zu punkten. So kaufte der Hersteller vor einiger Zeit Amigopod für den Gastzugang und Airwave für das Management der gesamten (drahtlosen und verkabelten) Infrastruktur. Diese Lösungen können teilweise auch unabhängig von Aruba-Hardware genutzt werden. "Die Margen im Softwaregeschäft sind besser, aber das ist nicht der Grund für die Zukäufe, sondern dass sie unser Portfolio abrunden", unterstreicht Fiskin.
Neue Schulung, neue Reseller
Besonders die jüngste Akquise, Avenda mit dem Produkt Clearpass, beeinflusst auch den Channel. So wird laut Richard Messmer, Geschäftsführer DACH bei Aruba, eine neue, fünftägige Schulung für die BYOD-Managementsoftware Clearpass angeboten, die unabhängig von der Absolvierung anderer Kurse ist. Der Hersteller will neben einem Teil seiner rund 100 bestehenden deutschen Reseller auch neue Partner dafür gewinnen, die Software zu vertreiben. "Wir suchen Partner, die so unser Produkt auch in Umgebungen mit Cisco-, HP-, oder anderer Hardware bringen", betont Vice President Fiskin.
"Neue Schulung und neue Reseller für Clearpass-BYOD-Management", Richard Messmer, Geschäftsführer DACH, Aruba Networks
(Bild: Ariane Rüdiger)
Mit Clearpass kommt Aruba nicht nur anderen WLAN-Herstellern ins Gehege, sondern jedem Unternehmen, das Mobile Data Management anbietet – die Zahl dieser Offerten wächst nahezu täglich.
Bisher gehörten zum Kundenkreis von Aruba vor allem öffentliche Auftraggeber, der Bildungsbereich und Krankenhäuser. Avenda/Clearpass und andere Technologien sollen diesen relativ engen Zirkel erweitern. So gibt es inzwischen eine Hochsicherheitslösung, die den höchsten Geheimhaltungsansprüchen genügt und damit in Behörden einsetzbar ist, die bisher vor Drahtlostechnik zurückschreckten. Den Markt mittelständischer und kleiner Firmen erschließt seit einem Jahr die Produktserie Instant AP (IAP). Das sind intelligente Access Points, die sich vermaschen und ohne Controller auskommen. "Damit können Kunden Netze AP für AP aufbauen", erklärt Firmen-Mitgründer und Technologiechef Keeri Malkote. Wird das Netz so groß, dass eine Controller-Infrastruktur vorteilhafter wäre, lässt sich diese ohne Auswechseln der Access Points realisieren: Man integriert einen Controller ins Rechenzentrum, setzt per Knopfdruck die intelligenten Mechanismen auf den Instant APs außer Kraft und macht den Controller zur zentralen Steuerinstanz. Fällt diese aus, können die IAPs ihre Funktion sofort wieder übernehmen. "Seit diesem Angebot gewinnen wir vermehrt kleine und mittelständische Kunden hinzu", sagt Messmer. Außerdem will Aruba innerhalb eines Jahres erreichen, dass jeder WLAN-Switch durch Softwareupdate als Controller fungieren kann. Auf der Controller-Entwicklungsliste stehen zudem Hochverfügbarkeitsfunktionen, berichtet Paul Curto, Direktor Technisches Marketing bei Aruba.
WLANs entwickeln sich zur UMTS-Ergänzung
Der flexible Wechsel zwischen Meshing- und Controller-Architektur ist nicht die einzige technologische Weiterentwicklung des WLAN-Kernbereichs, mit der sich Aruba auseinandersetzt. Weitere neue Impulse, vor allem bei der Zusammenarbeit mit Providern, soll der Einstieg in die 802.11ac-Technologie im kommenden Jahr bringen. Kombiniert wird sie mit 802.11u, auch unter dem Begriff Hotspot 2.0 bekannt. Damit könnten Mobilprovider WLANs vermehrt benutzen, um die verstopften Mobilfunk-Infrastrukturen durch Offload ins WLAN auf den letzten Verbindungsmetern zu entlasten. Die u-Technologie ermöglicht einen automatischen Handoff zwischen Mobilnetz und Hotspots, wie ihn Anwender vom Mobilfunk beim Roamen zwischen zwei Netzen gewohnt sind.
Weitere technologische Verbesserungen, die in der nächsten Zeit zu erwarten sind, bestehen in Multi-User-MIMO (Multiple Input, Multiple Output). Damit soll ein Access Point mit jedem einzelnen Datenstrom gezielt jeweils ein Endgerät mit Daten versorgen. Bis dahin wird es aber noch zwei bis drei Jahre dauern.
Schneller, nämlich als Beta schon im Juli, kommt die nächste Version des Aruba-Managementsystems, ARM 3.0., zum Anwender. Sie soll Roaming auf der IP-Netzwerkebene ermöglichen, die Lasten im Netz durch gesteuertes Handover besser verteilen und das Netz dazu befähigen, sich selbst an die Gegebenheiten anzupassen. "Wir wollen die unendlich vielen Buttons bei der Konfiguration überflüssig machen", sagte Technologiechef Melkote.
Ein bisschen Spaß schadet nie: Eine Tanztruppe eröffnete zu temperamentvollen Klängen die vierte Aruba-Anwenderkonferenz Airheads in Nizza
(Bild: Ariane Rüdiger)
Bereits im Labor ist das Visibility Framework. "Heute sieht man mit unserem Management, was eine Firewall sieht – wir wollen in 12 bis 18 Monaten auch tiefere Schichten der HTTP-Pakete sichtbar machen, so dass wir die Applikationen entsprechend erkennen und befördern können", erklärt Melkote. Schon bald, nämlich in der noch im laufenden Jahr kommenden Version 6.2 des Aruba-OS verspricht der Hersteller ein Dashboard, das Daten aus Arubas Firewall nach diversen Kriterien sichtbar macht, zum Beispiel nach Anwendung, Betriebssystem, Kommunikationsziel, Nutzer, Rolle etc. So lasse sich sehr schnell herausfinden, wer wie und wofür das Netz nutze.
Die im Mai 2012 nach Nizza angereisten rund 275 Gäste – etwa zur Hälfte Anwender und Reseller und doppelt so viele wie bei den letzten Airheads-Konferenzen – quittierten die Ankündigungen von Aruba mit Beifall. Weniger begeistert dürften die Aktionäre sein: Der Kurs des Aruba-Papiers ist innerhalb eines Jahres um mehr als die Hälfte gefallen. (map)