Vorratsdatenspeicherung: Brüssel klagt gegen Berlin

Die EU-Kommission hat wie angedroht ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland angestrengt, weil die Berliner Regierung die Vorratsdatenspeicherung immer noch nicht umgesetzt hat.

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Die EU-Kommission hat im Streit um die Vorratsdatenspeicherung Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof erhoben. Das teilte die Kommission am Dienstag in Brüssel mit. Berlin habe die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung immer noch nicht umgesetzt. Verzögerungen könnten aber negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation sowie auf Strafverfolgung durch Justiz und Polizei haben.

Die Richtlinie zur Terrorabwehr und Strafverfolgung von 2006 besagt, dass die Mitgliedsländer für die Speicherung von Telekommunikationsdaten für die Dauer von sechs Monaten sorgen müssen. In Deutschland ist sie bisher nicht in der nationalen Gesetzgebung umgesetzt worden, weil das Bundesverfassungsgericht das 2008 in Kraft getretene Gesetz im März 2010 als verfassungswidrig kassiert hatte.

Nach Ansicht der Richter war der Datenschutz nicht ausreichend und die Hürden für den staatlichen Zugriff zu niedrig. Die EU-Richtlinie selbst stellten die Richter dabei nicht infrage und sprachen sich für eine Neufassung des deutschen Gesetzes aus. Deshalb mahnt die Kommission seither eine verfassungsgemäße Umsetzung an.

Europaflagge vor dem Brandenburger Tor

(Bild: Europäische Kommission)

"Deutschland wurde hinlänglich Zeit für die Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht eingeräumt", heißt es dazu aus Brüssel. Die Kommission will mit dem Gang vor den EuGH nun den Druck erhöhen und fordert vom Gericht, ein Zwangsgeld in Höhe von gut 300.000 Euro täglich gegen Deutschland zu verhängen.

Die erneute Umsetzung ist bisher am Widerstand der Liberalen in der Koalition gescheitert. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) weigert sich, die weitreichende Speicher-Richtlinie in vollem Umfang umzusetzen und schlägt stattdessen eine bedarfsorientierte Lösung vor.

Das von der Justizministerin bevorzugte "Quick Freeze Plus"- Verfahren, bei dem die Daten bei konkretem Ermittlungsbedarf und nicht auf Dauer gespeichert werden sollen, hält Brüssel nicht für ausreichend. Dies sei "nicht als vollständige Umsetzung der Richtlinie anzusehen", betonte die Kommission am Donnerstag erneut.

Zudem argumentieren die Gegner der EU-Direktive damit, dass die Kommission selbst eine Überarbeitung der Richtlinie angekündigt hat. Auch in anderen Ländern setzt die Diskussion über eine mehr grundrechtsschonende Lösung ein. Der EuGH muss sich darüber hinaus auf Initiative Irlands mit der Grundrechtfrage beschäftigen. (vbr)