Einjährige Vorratsdatenspeicherung in Großbritannien

Das britische Oberhaus hat einen Gesetzesentwurf des Innenministeriums zur Verpflichtung der TK-Anbieter zur zwölfmonatigen Vorhaltung von Verbindungs- und Standortdaten gebilligt, bei dem Internetprovider außen vor bleiben

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Das Oberhaus des britischen Parlaments hat vergangene Woche einen Gesetzesentwurf des Innenministeriums gebilligt, mach dem Telekommunikationsanbieter zur zwölfmonatigen Vorhaltung von Verbindungs- und Standortdaten verpflichtet werden. Das Innenressort der britischen Regierung unterzeichnete daraufhin das entsprechende Regulierungsvorhaben zur Vorratsdatenspeicherung (PDF-Datei) innerhalb Tagesfrist, sodass die Bestimmungen am 1. Oktober in Kraft treten können. Großbritannien verfehlt damit die eigentliche Frist zur teilweisen Umsetzung der EU-Vorgaben zur verdachtsunabhängigen Archivierung von Telefon- und Internetdaten nur um zwei Wochen, während hierzulande das parlamentarische Verfahren zu der umstrittenen Thematik noch in vollem Gange ist.

Ungewöhnlich an dem britischen Gesetz ist, dass Internetprovider zunächst komplett von den Auflagen ausgenommen werden. Verbindungsdaten rund um den Zugang ins Web, E-Mail oder Internet-Telefonie bleiben damit zunächst außen vor. Das Innenministerium folgte damit den Bedenken, welche die Telekommunikationsbranche während einer Konsultation im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens geäußert hatte. Die britische Internet Service Providers Association (ISPA) hatte dabei zum Ausdruck gebracht, dass die Vorschriften des Entwurfs auf keinen Fall auf das Internet übertragbar wären.

Das Innenministerium hielt in seiner Auswertung (PDF-Datei) der Befragung dementsprechend fest, dass eine Einbeziehung der Internetdaten nicht angemessen sei. Als Gründe nannte es "spezielle technische Probleme" und Ressourcenengpässe wie die erhöhten Schwierigkeiten, Verbindungsdaten der Internetnutzung von Anfang bis Ende zu erfassen, Unterschiede im Kostenansatz für die Speicherung sowie die Erfassung der Internetkommunikation. Das Innenministerium war sich zudem im Klaren über die Notwendigkeit der Angabe guter Gründe, Internetdaten ein ganzes Jahr lang vorzuhalten.

Vom Tisch ist die von der entsprechenden EU-Richtlinie geforderte Speicherung auch von Verbindungsdaten rund um Internetdienste aber nicht. Die Regierung verweist in einer Erklärung zu dem Gesetz ausdrücklich darauf hin, dass sie sich die in der Direktive vorgesehene Möglichkeit einer späteren Implementierung der Bestimmungen zu Internetdaten vorbehalten habe. Über konkrete Umsetzungspläne dieses Teils der Vorgaben aus Brüssel ist bislang in Großbritannien aber nichts zu hören. Generell festgeschrieben ist in dem Gesetz derweil die Zahlung einer Entschädigung für die Unternehmen, um deren zusätzliche Kosten für die Datenspeicherung auszugleichen.

Der Umsetzungsplan der Bundesregierung hält eine solche Vergütung der betroffenen Unternehmen nicht für erforderlich. Er sieht eine sechsmonatige Speicherung sowohl von Telefon- als auch von Internetdaten vor und geht über die Brüsseler Anforderungen etwa durch die Einbeziehung von Anonymisierungsdiensten sowie weitgehende Identifizierungspflichten etwa bei der Nutzung von E-Mail-Diensten deutlich hinaus. Über 5000 Bürger wollen sich bereits an einer "Massenbeschwerde" beim Bundesverfassungsgericht gegen die Protokollierung ihrer elektronischen Spuren beteiligen, falls das umstrittene legislative Vorhaben in Kraft treten sollte. (Stefan Krempl) / (vbr)