Erste Eindrücke von Windows 8 Release Preview in der Praxis

Die Release Preview lässt sich fix installieren und läuft anschließend schnell und stabil. An die meisten Wischgesten kann man sich auf einem Tablet durchaus gewöhnen.

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Von
  • Axel Vahldiek

Seit Donnerstagabend steht die letzte Vorabversion des Windows-7-Nachfolgers zum freien Download zur Verfügung. Die Installation dieser Release Preview läuft relativ zügig durch, selbst auf einem mittlerweile doch recht betagten Medion Netbook Akoya E1210 (bekannt als Aldi-Netbook) braucht die x86-Variante nur 26 Minuten, und dieses Modell liegt nur knapp über den Minimalanforderungen. Doch selbst hierauf läuft die Vorabversion anschließend stabil und schnell. Auf anderen Rechnern wie dem Samsung-Tablet XE700T1A war die Installation schon nach einer viertel Stunde erledigt.

Windows 8 Release Preview (6 Bilder)

Der Metro-Startscreen soll das erkömmliche Startmenü vollständig ersetzen.

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Die Wischgesten auf dem Metro-Startscreen funktionieren wie in den früheren Vorabversionen, sie gleichen weitgehend den von anderen Touch-Betriebssystemen gewohnten: Mit Wischern in eine Richtung scrollt man, ein Tipp auf ein Programmsymbol startet es und die Ansicht vergrößert man durch das Auseinanderziehen zweier Finger. Ungewohnt sind allenfalls die Menüaufrufe. Ein Fingerwisch vom oberen oder unteren Displayrand in Richtung Display-Mitte öffnet das Kontextmenü von Startscreen oder App, wobei es Sache der jeweiligen Programmierer ist, wo es erscheint. Es kann also durchaus passieren, dass ein Wisch von oben ein Menü unten öffnet. Von links wischt die zuvor geöffnete App ins Bild und ein Wischer von rechts öffnet die "Charms", eine Art System-Menü, das unter anderem den Startknopf und die Suche enthält.

In den Charms sind auch stets die Einstellungen der gerade laufenden App zu finden Die Apps laufen weiterhin im Vollbild, allerdings erst ab einer Auflösung von mindestens 1024 x 768, sonst verweigern sie den Start mit einer Fehlermeldung, womit sie auf älteren Netbooks derzeit nutzlos sind. Ab einer Auflösung von 1366 x 768 lassen sich zwei Apps ungefähr im Verhältnis 2:1 nebeneinander anordnen.

Der Startscreen selbst gleicht weiterhin einem unsortierten Kachelhaufen, den man zwar wie Anno '95 von Hand sortieren kann, bei dem sich einzelne Objekte bislang aber nicht einmal umbenennen lassen. Heftet man weitere Kacheln von Hand an, erscheinen sie ganz hinten, was dann erneutes Umsortieren oder ständiges Scrollen bedeutet. Die Fähigkeit, sich oft genutzte Anwendungen zu merken, fehlt dem Startscreen ganz, das Suchfeld ist nicht zu sehen – man kann aber einfach lostippen. Allerdings durchforstet die Suchfunktion dann nur Programme, nicht aber Einstellungen oder Dateien, dafür sind zusätzliche Mausklicks erforderlich.

Im Store sind statt der versprochenen hunderten neuen Apps bislang nur 97 zu finden, und die sind nicht alle auf Anhieb intuitiv bedienbar: Bei der Wikipedia-App sucht man beispielsweise ein Eingabefeld für die Suchbegriffe vergeblich. Das ist allerdings Absicht: Zum Suchen soll der Nutzer grundsätzlich in allen Apps den Suchknopf aus dem Charms-Menü verwenden. Kaum ein Redaktionsmitglied kam da jedoch auf Anhieb drauf – selbst die nicht, denen das Charms-Menü mittlerweile an sich vertraut ist.

Bei der Metro-Version des Internet Explorer 10 ist Microsoft von der strengen Linie abgerückt, dass sie nur HTML5-Inhalte darstellen soll: In der in der RP enthaltenen aktuellen sechsten Platform Preview steckt erstmals ein Flash Player, der allerdings nur ausgewählte Flash-Inhalte darstellen kann, und zwar solche von Sites, die dem Benutzer eine an Metro angepasste Oberfläche bieten. Microsoft will diese Sites auf einer Kompatibilitätsliste führen, Details erläutert Dean Hachamovitch vom IE-Team in einem Blog-Posting. Andere Plug-ins oder ActiveX-Controls sind weiterhin der Desktop-Version des Browsers vorbehalten.

Auf dem Desktop hat sich abgesehen vom obligatorischen Wechsel des Hintergrundbilds kaum etwas getan: Startmenü und Startknopf fehlen wie schon bei der Beta-Version und es ließ sich auf die Schnelle auch kein Schalter finden, um es wieder hervorzuzaubern. Ob alternative Startmenüs später Abhilfe schaffen können, ist bislang unklar, Gerüchten zufolge will Microsoft einigen Code aus dem System entfernen, auf den solche Anwendungen üblicherweise zurückgreifen. Bei ersten Tests funktionierten Programme wie ViStart zumindest ansatzweise, wenn auch nicht vollständig – was aber auch bei der Beta schon der Fall war. Die Rahmen der Fenster auf dem Desktop sind bislang noch transparent, Microsoft hat aber bereits angekündigt, dass das im fertigen Windows 8 nicht mehr der Fall sein soll. Beim Explorer wurde die alte Menüleiste durch Ribbons ersetzt.

Der Desktop lässt sich wie gewohnt mit Tastatur und Maus bedienen, doch mitunter schaltet sich Metro dazwischen, etwa der Startscreen beim Drücken der Windows-Taste. Was an dieser Stelle bloß einen optischen Bruch darstellt, wird an anderer Stelle lästig. Wenn man beispielsweise, während Winamp im Hintergrund Musik abspielt, auf einen Video-Link in einer Webseite klickt, für den sich die "Video"-App im Metro-Stil zuständig fühlt, dann erscheint das Video im Vollbild, ohne dass man die Chance hat, auf die Schnelle den Lautstärkemixer zum Stummschalten von Winamp zu erreichen – die Taskleiste, in dessen Infobereich das nötige Symbol steckt, ist ja nicht mehr zu sehen.

Insgesamt vermittelt die Release Preview wie schon die Beta einen durchwachsenen ersten Eindruck. Sie läuft schnell und stabil, und an die meisten Wischgesten kann man sich auf einem Tablet durchaus gewöhnen. Wenn die Macken ausgeräumt sind und der Appstore endlich gefüllt ist, könnte Metro also tatsächlich das Potenzial haben, irgendwann iOS und Android auf dem Tablet Paroli zu bieten. Auf einem ausschließlich per Tastatur und Maus bedienten PC hingegen bleibt der Eindruck, dass der ständige Wechsel zwischen den Bedien- und Designkonzepten keine gute Idee ist. Auch die Release Preview lässt nicht erahnen, was man als Anwender davon haben könnte. (axv)