AMD pflegt proprietären Linux-Treiber für ältere Grafikhardware nicht weiter

Bei Linux-Distributionen mit den derzeit aktuellen Versionen des Linux-Kernels und dem X-Server von X.org wird man die Radeon-HD-Karten der Generationen 2000, 3000 und 4000 nur mit den Open-Source-Treibern einsetzen können.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Bei Linux-Distributionen mit den derzeit aktuellen Versionen des Linux-Kernels und des X-Servers von X.org wird man die Radeon-HD-Karten der Generationen 2000, 3000 und 4000 nur noch mit den Open-Source-Treibern einsetzen können. Die derzeit aktuelle Version 12.4 des proprietären Linux-Grafiktreibers Catalyst (auch Fglrx) von AMD arbeitet nämlich nicht mit dem im März veröffentlichten X-Server 1.12 zusammen. Die kürzlich veröffentlichte Beta der Catalyst-Version 12.6 soll dies zwar nachrüsten und unterstützt zudem den Linux-Kernel 3.3. Wie im April angekündigt, arbeitet diese Version aber nur noch die DirectX-11-tauglichen Radeon-HD-Modelle der Serien 5000, 6000 und 7000 – das gilt nicht nur für Linux, sondern auch für Windows.

Die bisherigen Treiber für die DirectX-10-Karten der Serien 2000, 3000 und 4000 will AMD noch als "Legacy-Treiber" weiter pflegen und ungefähr alle drei Monate aktualisieren. Ob das nur für die Windows-Treiber oder auch für die Linux-Treiber gilt, ist nicht bekannt; auf eine Anfrage zu den Plänen für die Legacy-Linux-Treiber haben AMD und dessen deutsche Presseagentur nicht geantwortet. In der Vergangenheit hat AMD bei Legacy-Treiber keine größeren Änderungen mehr vorgekommen und auch keine Unterstützung für neuere X-Server oder Kernel nachgerüstet; Nvidia macht das zunächst noch eine Zeitlang, nachdem es Treiber in den Legacy-Status überführt, spart sich diese Arbeit aber irgendwann auch.

Mit Hilfe von Patches, die findige Linux-Entwickler veröffentlicht haben, soll sich das Kernel-Modul der Catalyst-Treiber 12.4 immerhin mit dem Linux-Kernel 3.4 kompilieren lassen. Das könnte für Fedora-16-User interessant sein, die diesen Kernel demnächst als reguläres Update erhalten sollen; auch Anwender von Ubuntu 12.04 oder Linux Mint 13, die statt des beiliegenden Linux 3.2 einen neueren Kernel installieren, können sich mit solchen Tricks derzeit behelfen.

Beim kürzlich erschienenen Fedora 17, das den X-Server 1.12 einsetzt, wird man die älteren Catalyst-Treiber aber wohl nicht mehr zur Mitarbeit bewegen können; das gilt auch für das Gros der von nun an erscheinenden Linux-Distributionen, denn die werden den X-Server 1.12 und seine Nachfolger einsetzen. Durch größere Änderungen am Kernel wird es mittelfristig zudem immer schwieriger und irgendwann unmöglich, die Treiber bei Distributionen wie Fedora 16, Ubuntu 12.04, Linux Mint 13 mit neuen Kernel-Versionen zu kombinieren. Anwender, die die Catalyst-Treiber 12.4 einsetzen, geraten dann in eine Zwickmühle, wenn sie für eine andere Hardware-Komponente einen Treiber benötigen, der nur neueren Kernel-Versionen beiliegt.

Damit wiederholt sich die Situation aus dem Frühjahr 2009, als AMD die Unterstützung für die Grafikchips der Radeon-Modelle 9500 bis X1950 aus dem proprietären Grafiktreiber entfernte. Wie damals lässt AMD auch jetzt die Unterstützung für Grafik-Hardware fallen, die vereinzelt noch im Handel erhältlich ist. Die proprietären Treiber, die AMD 2009 in den Legacy-Status überführt hat, erhielten im Rahmen der Legacy-Pflege keine Unterstützung für neuere Linux-Kernel oder X-Server mehr. Daher mussten Anwender, die nicht auf veralteten Linux-Distributionen ausharren wollten, mittelfristig auf die Open-Source-Treiber umsteigen oder die Grafikhardware wechseln.

Das ist dieses Mal aber nicht so tragisch, denn die Open-Source-Treiber für die Radeon-HD-Serien 2000, 3000 und 4000 sind um einiges ausgereifter, als es die Treiber für die X1000-Serie im Frühjahr 2009 waren. Das ist maßgeblich AMDs Verdienst, denn das Unternehmen treibt seit 2008 die Entwicklung der Open-Source-Treiber für die eigenen Grafikchips selbst voran. Einige Einbußen muss der Anwender aber dennoch hinnehmen, da die Open-Source-Treiber nicht ganz mit den proprietären Treibern mithalten können. So unterstützten sie zwar 3D-Beschleunigung bei allen Radeon-Direct-X-10-Chips und vielen der neueren Grafikchips von AMD, die proprietären Treiber liefern aber vielfach deutlich bessere 3D-Performance. Zudem laufen viele Grafikchips mit den Catalyst-Treiber stromsparender und schonen so Notebooks-Akkus. (thl)